Predigttext für den 16. Sonntag n. Trinitatis, 27. September 2020, Konfirmation

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Schwestern und Brüder, liebe Konfirmationsgemeinde,

es wird euch freuen zu hören, dass es nicht nur einen Predigttext für den heutigen 16. Sonntag nach Trinitatis, sondern dass es auch ein Gedicht für den heutigen Tag im Jahr gibt, den 27. September. Das will ich Euch natürlich nicht vorenthalten:

Der schöne 27. September, von Thomas Brasch

Ich habe keine Zeitung gelesen. … (Gedicht wird vorgetragen)


Der Dichter Thomas Brasch singt das stille Lied vom Nicht-tun, das einen eigenen Wert neben und manchmal vor dem Tun hat; Glücklich die Menschen, die ein eigenes Wort dafür haben, das süße Nichtstun, das dolce far niente: süß ist´s, nichts zu tun; als Pause, als Stille, als Enthaltsamkeit und als Verzicht, auch bekannt als Abhängen, Relaxen, Chillen.

Das Nicht-tun kann einen Vorrang vor dem Tun haben – manchmal sind im Fußball die Tore, die spektakulär nicht geschossen werden, bleibender in der Erinnerung als die, die im Netz landen. In der Ruhe liegt die Kraft – man sollte sich halt im Strafraum nicht unbedingt wundliegen.

Nicht-tun ist wie die Ruhe vor dem Sturm – oder die Ruhe der Welt nach ihrer Erschaffung durch Gott, die wir in der Feiertagsruhe nacherleben sollen, Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest. … Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage; wer tut das noch: „ruhen“ und die Ruhe heiligen – wenn er es nicht gerade muss und er in einem Lockdown eingeschlossen ist.

Vielleicht könnte das doch ein Sinn, etwas Bleibendes aus dieser merkwürdigen Zeit sein, die wir erlebt haben und noch erleben – dass wir zur Ruhe kommen; unfreiwillig, ja – aber nicht nur zu unserem Schaden. Wie es uns der große Philosoph und kleine Bär Winnie the Pooh vorlebt: Sometimes I sits and thinks; and sometimes I just sits; wobei man staunen kann, dass er die ohnehin nicht gerade schweißtreibende Aktivität des Sitzens und Denkens noch weiter auf das bloße Sitzen reduzieren kann.

Das kann helfen, wenn es uns Durststrecken in Schulstunden, in Gottesdiensten oder langweilige Sitzungen überstehen lässt: Sometimes I just sits. Ich mach das so – und einige von Euch auch, wie ich feststellen konnte. Das ist ok.

Für ein ganzes Leben reicht diese Strategie nicht, manchmal muss man seinen Hintern hochkriegen – auch in Zeiten wie diesen im Schatten der Seuche. Die schüchtert uns ein, lähmt uns bisweilen – durch die Angst, die wir spüren und durch manche Maßnahmen, die uns beschränken. Dann müssen wir uns gegenseitig aufmuntern: an die guten Zeiten erinnern, die wir erlebt haben – als Konfigruppe auf Konficamp im rauen Westerwald und auf Konfikurs im öden Berghessen und auch sonst – und von den noch besseren Zeiten träumen, die noch kommen: als Rot-, Blau- oder Oberkappe beim Achim, auf Gemeindefesten wie heute Nachmittag und was weiß ich wann. Ihr wisst, wo ihr uns findet.

Und da kommt unser Predigttext ins Spiel, der uns aufmuntern und ermutigen will und dessen punchline in der Coronazeit oft gesagt und bedacht wurde: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.

Was, so was Tolles steht in der Bibel, da könnte man doch genauer nachlesen; im Zusammenhang heißt es dort: („Paulus“ schreibt an Timotheus)

Ich erinnere mich an den ungefärbten Glauben in dir, der zuvor schon gewohnt hat in deiner Großmutter Lois und in deiner Mutter Eunike; ich bin aber gewiss auch in dir. Aus diesem Grund erinnere ich dich daran, dass du erweckest die Gabe, die in dir ist durch die Auflegung meiner Hände. Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. Darum schäme dich nicht des Zeugnisses von unserm Herrn noch meiner, der ich sein Gefangener bin, sondern leide mit für das Evangelium in der Kraft Gottes. Er hat uns selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Ratschluss und nach der Gnade, die uns gegeben ist in Christus Jesus vor der Zeit der Welt, jetzt aber offenbart ist durch die Erscheinung unseres Heilands Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium, für das ich eingesetzt bin als Prediger und Apostel und Lehrer.

Heiliger Ruf, Handauflegen, Geistesgabe – damit sind doch schon ziemlich genau die äußeren Merkmale der Konfirmation benannt. Der Ritus der Konfirmation ist eigentlich eine Berufung: eine Berufung zum Leben mit Christus.

Und mit Großmutter Lois und Mutter Eunike sind Personen genannt, die bis heute Religion weitergeben, tradieren; wenn die es nicht tun, bricht die Tradition ab, da hilft auch nicht der beste Reli- oder Konfiunterricht – also zumindest der beste, den wir Euch geben konnten. Mein verehrter Heidelberger Lehrer – Gott hab ihn selig! – hat uns bei kniffligen theologischen Fragen immer an unsere Großmutter verwiesen: Was würde die dazu sagen?

Aber vor allen Dingen informiert uns unser Text über Sinn und Bedeutung der Konfirmation; Bestätigung der Taufe und des Glaubens ist noch nicht alles; hier wird deutlich, dass es um Bestärkung und Festigung unseres – Eures – Selbst als Person geht; um eine Übung in Resilienz, wie wir heute sagen; um uns – um Euch – fit zu machen gegen die Unbilden des Lebens, die Macht und die Mächte des Todes.

Insofern ist Konfirmation auch ein Mittel gegen Corona – kein pharmazeutisches natürlich, auf das wir alle warten, das uns – nebenbei gesagt – auch nicht unsterblich machen wird; sondern Konfirmation ist ein geistliches Mittel gegen Corona, um uns mit einem festen und starken Geist zu segnen, der uns Mut macht, dieser und der garantiert folgenden Krise zu begegnen, damit sie keine Macht haben über uns, weil Christus Jesus dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium.

Da ist einer, der für uns eintritt: der uns stärkt, wenn wir müde sind, und der uns beruhigt, wenn wir vor lauter Aufregung keinen Plan haben; und der uns auf seine – auf göttliche – Weise liebt, so wie wir sind:

Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. Amen.