3. Sonntag nach Epiphanias, 21. Januar 2024

Naaman, der Feldhauptmann des Königs von Aram, war ein trefflicher Mann vor seinem Herrn und wert gehalten; denn durch ihn gab der Herr den Aramäern Sieg. Und er war ein gewaltiger Mann, jedoch aussätzig. Aber die Kriegsleute der Aramäer waren ausgezogen und hatten ein junges Mädchen weggeführt aus dem Lande Israel; die war im Dienst der Frau Naamans. Die sprach zu ihrer Herrin: Ach dass mein Herr wäre bei dem Propheten in Samaria! Der könnte ihn von seinem Aussatz befreien. Da ging Naaman hinein zu seinem Herrn und sagte es ihm an und sprach: So und so hat das Mädchen aus dem Lande Israel geredet. Der König von Aram sprach: So zieh hin, ich will dem König von Israel einen Brief schreiben. Und er zog hin und nahm mit sich zehn Zentner Silber und sechstausend Schekel Gold und zehn Feierkleider und brachte den Brief dem König von Israel; der lautete: Wenn dieser Brief zu dir kommt, siehe, so wisse, ich habe meinen Knecht Naaman zu dir gesandt, damit du ihn von seinem Aussatz befreist. Und als der König von Israel den Brief las, zerriss er seine Kleider und sprach: Bin ich denn Gott, dass ich töten und lebendig machen könnte, dass er zu mir schickt, ich solle den Mann von seinem Aussatz befreien? Merkt und seht, wie er Streit mit mir sucht!

Als Elisa, der Mann Gottes, hörte, dass der König von Israel seine Kleider zerrissen hatte, sandte er zu ihm und ließ ihm sagen: Warum hast du deine Kleider zerrissen? Lass ihn zu mir kommen, damit er innewerde, dass ein Prophet in Israel ist. So kam Naaman mit Rossen und Wagen und hielt vor der Tür am Hause Elisas. Da sandte Elisa einen Boten zu ihm und ließ ihm sagen: Geh hin und wasche dich siebenmal im Jordan, so wird dir dein Fleisch wieder heil und du wirst rein werden.

Da wurde Naaman zornig und zog weg und sprach: Ich meinte, er selbst sollte zu mir herauskommen und hertreten und den Namen des Herrn, seines Gottes, anrufen und seine Hand über der Stelle bewegen und mich so von dem Aussatz befreien. Sind nicht die Flüsse von Damaskus, Abana und Parpar, besser als alle Wasser in Israel, sodass ich mich in ihnen waschen und rein werden könnte? Und er wandte sich und zog weg im Zorn. Da machten sich seine Diener an ihn heran, redeten mit ihm und sprachen: Lieber Vater, wenn dir der Prophet etwas Großes geboten hätte, würdest du es nicht tun? Wie viel mehr, wenn er zu dir sagt: Wasche dich, so wirst du rein! Da stieg er ab und tauchte unter im Jordan siebenmal, wie der Mann Gottes geboten hatte. Und sein Fleisch wurde wieder heil wie das Fleisch eines jungen Knaben, und er wurde rein.

Und er kehrte zurück zu dem Mann Gottes samt seinem ganzen Gefolge. Und als er hinkam, trat er vor ihn und sprach: Siehe, nun weiß ich, dass kein Gott ist in allen Landen außer in Israel; so nimm nun eine Segensgabe von deinem Knecht. …

Er aber sprach zu ihm: Zieh hin mit Frieden!

(2. Könige 5,1-19a)

Gesundheit kostet! Und Der König von Aram lässt sich die Gesundheit seines kriegswichtigen Hauptmanns einiges kosten: zehn Zentner Silber und sechstausend Schekel Gold und zehn Feierkleider. Kostenexplosionen im Gesundheitswesen sind scheints keine modernen Erfindungen.

Gesundheit kostet, weil sie uns kostbar ist, damals wie heute. Und wenn wir sie uns etwas kosten lassen, dann erhöht das unsere Erwartung, an den, der uns gesund machen soll.

Mach mich gesund! Ist die ausgesprochene oder meist unausgesprochene Forderung an den Arzt, oder eben wie in unserer Geschichte: wisse, ich habe meinen Knecht Naaman zu dir gesandt, damit du ihn von seinem Aussatz befreist.

Dass sich der behandelnde Arzt oder in unserem Fall sein verantwortlicher Vorgesetzter davon unter Druck gesetzt fühlt, muss nicht verwundern: Bin ich denn Gott, dass ich töten und lebendig machen könnte, dass er zu mir schickt, ich solle den Mann von seinem Aussatz befreien? Merkt und seht, wie er Streit mit mir sucht! Auch die heutigen Halbgötter in Weiß sind eben doch keine Götter, die zwar mittlerweile – schrecklich genug! – entgegen ihrem Auftrag töten dürfen, aber bis auf weiteres nicht lebendig machen können. Und die besseren von ihnen bemühen sich auch gar nicht erst, diesen Eindruck ärztlicher Allmacht zu erwecken.

Andrerseits dürfen wir als Patienten ein ernsthaftes Bemühen um unsere Gesundheit erwarten und sind enttäuscht, wenn es augenscheinlich daran mangelt, wenn wir den Eindruck haben müssen, dass uns nur mit halbem Ohr zugehört wurde, dass uns ein Medikament vorenthalten oder eine Therapie verweigert wurde. Allerdings kann man sich dabei natürlich auch selbst täuschen, zumal wenn wir unserem in Apothekenrundschau und bei Dr. Google angesammelten Scheinwissen zu viel zutrauen.

Der hier in unserer Geschichte empfohlene Einsatz von reinigendem Wasserbad bei Hautkrankheiten hört sich jedenfalls ganz vernünftig an und rechtfertigt erstmal nicht die heftige Empörung des Patienten über den in seinen Augen zu wenig spektakulären hygienisch-balneologischen Rat, im Jordan zu baden, was er im zornigen Reflex verwirft: Sind nicht die Flüsse von Damaskus, Abana und Parpar, besser als alle Wasser in Israel, sodass ich mich in ihnen waschen und rein werden könnte? Und er wandte sich und zog weg im Zorn.

Aber seine Mitarbeiter, auf die er klugerweise hört, können ihn zur Badetherapie überreden. Er wird gesund und er, der Fremde, spricht – und das ist ja die Pointe unserer Geschichte – das Bekenntnis zum fremden Gott des Propheten, der ihm zu neuer Gesundheit verholfen hat, und der nun sein Gott wird: Siehe, nun weiß ich, dass kein Gott ist in allen Landen außer in Israel. Obendrein werden ihm die Kosten erlassen, was diesmal in Ordnung geht, weil dem Propheten Elisa ja selbst auch keine Kosten entstanden waren.

In Umkehrung unserer Redensart „Hauptsache gesund“, zielt unsere Heilungsgeschichte nicht auf die Kostbarkeit unserer Gesundheit, die sie natürlich keineswegs infrage stellt, sondern auf die Kostbarkeit unseres Glaubens, der uns zu neuem Leben befähigt: „Hauptsache Glauben“ will uns die Geschichte des Propheten Elisa lehren, hat sie recht?

Insbesondere als Kranke oder als ihre Angehörigen steigert sich natürlicherweise der Wert unserer Gesundheit zur Hauptsache. Sobald und solange wir krankheitshalber Einschränkungen unserer Lebensmöglichkeiten hinnehmen müssen, wird unsere Wiederherstellung uns beschäftigen. Gesundheit ist die Bedingung der Möglichkeit unseres Lebens, auch wenn uns klar ist, dass absolute Gesundheit und die Abwesenheit jeglicher Krankheit ein eher unrealistisches Ideal sind. Krankheit zeigt die Kostbarkeit von Gesundheit – und lässt sie uns schmerzvoll spüren. Das ist die Wahrheit unserer Redensart „Hauptsache gesund“.

Ihre Unwahrheit besteht darin, dass sie so tut – oder zumindest so verstanden werden kann – dass Gesundheit, also relative, „ungefähre“ Gesundheit nicht nur Bedingung, sondern auch Ziel unseres Lebens sei. Sowenig aber die wiederhergestellte Gesundheit die Pointe unserer Heilungsgeschichte ist – wie übrigens in keiner der Heilungsgeschichten der Bibel – , sowenig ist die Gesundheit die Pointe unseres Lebens. Wir leben nicht, um gesund zu sein; sondern wir sind gesund, um zu leben. Also: Die Frage nach der Gesundheit ist schon überaus wichtig; aber noch wichtiger ist die Frage nach dem Leben, dass mir meine Gesundheit ermöglicht.

Und nach der Bibel, wie wir heute hören und schon gelegentlich gehört haben, ist ein Leben zwar möglich aber nicht sinnvoll ohne den Glauben an Gott; weshalb die heutige Geschichte davon erzählt, wie der Weg aus Krankheit zu Heilung zu solchem Glauben an Gott führen kann. Sie behauptet nicht, dass es keinen anderen Weg zu Gott gäbe; und sie billigt der Krankheit auch keinen eigenen Erkenntniswert zu, als ob Krankheit und Heilung jedenfalls zu Gott führten; aber die Bibel verwendet die Heilung des Kranken als Gleichnis für unseren Weg zu Gott. In Krankheit und Heilung erlebe ich die Unverfügbarkeit meines Lebens, weder Geld noch Befehl können mich gesund machen. In der Heilung aus Krankheit empfange ich mein Leben neu – aus Gott im Glauben.

So ähnlich wird es Jesus, der selbst gelegentlich und bildhaft Arzt genannt wird, gemeint haben, wenn er sagt: Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. Amen.