Nachlese zum Thomaskirchenjubiläum 1964-2024

Das Beste an einem Jubiläumsjahr sind natürlich die vielen Begegnungen und Entdeckungen, die nicht ganz zufällig und doch unverhofft passieren, zum Beispiel:

  • Die Erfahrung während eines (schnell vergessenen) Vortrags der Stiftung Denkmalschutz in der Heilig-Geist-Kirche auf der Biebricher Höhe, mit ihrer Überwältigungsarchitektur eines Herbert Rimpl (Mitarbeiter Albert Speers). Was für ein Kontrast zum Gebäude der Thomaskirche von Rainer Schell, der programmatisch auf jede große Geste verzichtet, sondern der Gemeinde ein schlichtes „Gehäuse“ baut.
  • Der Besuch der Bürgerinitiative aus Dillenburg, die unter hohem persönlichem Einsatz die von Schell errichtete Stadthalle zu retten und mit neuem Leben zu füllen versucht; und sich dabei an den wunderschönen, von Schell selbst entworfenen Wandteppichen im poppigen sechziger Jahre Design erfreut, von denen die Dillenburger noch gar nicht wussten, dass es sie auch in manchen Gemeindehäusern gibt.
  • Der sinnlose, nun endgültige Abschied vom trotz anderslautender Behauptungen gut erhaltenen Gutenberg-Museum in Mainz, eines der Gebäude, die Schells Ruf als einer der seinerzeit wichtigsten Architekten begründet und überdies die Stadtentwicklung in Mainz nach Jahren der Lethargie neu initiiert hatte.
  • Die zahlreichen Gespräche mit Zeitgenossen Schells aus seinem Büro oder aus der Gemeinde, die nach teils vielen Jahren wieder die Thomaskirche besuchten. Von denen überaus interessante Erinnerungen zu erfahren sind, etwa über Schells aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in Gemeinde und Stadt, oder über die Arbeitsweise, dass z.B. die Muster der Klinkerwände keineswegs zufällig entstanden sind, sondern allesamt sorgfältig von den Mitarbeitern vorgezeichnet wurden.

Es ist ja ganz ungewiss, ob es ein weiteres einigermaßen rundes Jubiläum für die Thomaskirche geben wird. Aber solange es sie gibt, wollen wir sie feiern – und in ihr!

Klaus Neumann