Johannisgottesdienst mit Johannisfeuer

Samstag, 24. Juni 2023, 21.00 Uhr

Ev. Thomasgemeinde und Kath. Kirchort St. Mauritius

Mit Stefan Herok und Klaus Neumann

Musik: Martin Schneider und Alfred Herr (Trompeten)

In der Zeit um die kürzeste Nacht des Jahres wird in vielen Gemeinden an den Geburtstag von Johannes dem Täufer, dem Wegbereiter Jesu, mit einem Gottesdienst und einem Feuer gedacht. Das Johannisfeuer symbolisiert Johannes‘ Zeugnis vom „wahren Licht der Welt“. Auch in diesem Jahr feiern wir gemeinsam mit unseren Nachbarn von St. Mauritius einen ökumenischen Freiluftgottesdienst unter den Kastanien vor der Thomaskirche. Im Anschluss laden wir Sie herzlich zu einem kleinen Umtrunk ein.

(Bei Regen findet der Gottesdienst in der Thomaskirche statt.)

Johannisfeuer 2021, Foto: privat

Eisernes, Goldenes und Silbernes Konfirmationsjubiläum

Am 4. Juni 2023 feierten 7 ehemalige Konfirmandinnen und Konfirmanden der Thomasgemeinde in einem festlichen Gottesdienst mit Pfarrer Dr. Neumann ihr Konfirmationsjubiläum: Dr. Birgit Schuler (2.v.l.) wurde vor 65 Jahren konfirmiert, Manfred Althaus (2.v.r.) und Joachim Dippel (r.) vor 50 Jahren sowie Roland Bahre (l.), Eva-Maria Uhrig (3.v.l.) und Corinna Jäger (3. v.r.) vor 25 Jahren. Nicht im Bild ist Vera Seidel (Konfirmandin von 1972). Allen Jubilaren sei nochmals herzlich gratuliert!

Frühlingskaffee mit Kinderchor

(Foto: K. Neumann)

Mit Frühlings- und Sommerliedern und Erdbeerkuchen fand am ersten Juni-Sonntag der gut besuchte „Frühlingskaffee“ statt. Das Publikum freute sich über die fröhlichen Stimmen des von Gabriela Blaudow geleiteten Kinderchores und sang kräftig mit!

Sonntag Rogate, 14. Mai 2023

So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland, welcher will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat als Lösegeld für alle, als Zeugnis zur rechten Zeit. (1. Timotheus 2,1-6)

Wenn uns auch das Beten abhandengekommen sein mag – wer betet denn noch, wenn er nicht gerade in der Kirche mitbetet; und wer kommt denn überhaupt noch zum Beten in die Kirche? – Wenn uns auch das Beten abhandengekommen sein mag, sind jedenfalls viele von uns gerade noch unter dem Eindruck eines prachtvollen Gottesdienstes für einen König und der glaubensstarken, kraftvollen und authentischen Gebete für ihn: Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeitgenau wie es der Apostelschüler fordert:

Lord, enthroned in heavenly splendour:/ Herr, der du in himmlischer Herrlichkeit thronst:
look with favour upon thy servant Charles our King,/ blicke mit Wohlgefallen auf deinen Diener Karl unseren König
and bestow upon him such gifts of wisdom and love/ und verleihe ihm solche Gaben der Weisheit und der Liebe
that we and all thy people/dass wir und alle deine Völker
may live in peace and prosperity/in Frieden und Wohlstand leben mögen
and in loving service one to another;/und in liebevollem Dienst untereinander
to thine eternal glory,/zu deiner ewigen Ehre
who with the Father and the Holy Spirit/der du mit dem Vater und dem Heiligen Geist
reigns supreme over all things,/über alle Dinge vorherrschst
one God, now and for ever./Ein Gott, jetzt und allezeit.
Amen. (Kollektengebet aus der Krönungsliturgie, die der Erzbischof von Canterbury am 6. Mai in der Westminster Abbey gehalten hat; The Coronation Liturgy: ‘Called to Serve’ | The Church of England)

So müssen Gebete sein: kein Wort zu viel, keins zu wenig, nicht geplappert wie die Heiden, sondern auf den Punkt – au point wie ein gutes englisches Steak; echt, direkt, unmittelbar; Gott wird schon wissen, was gemeint ist und die Zuhörer und Mitbetenden aber auch. 

Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeitdie einerseits natürlich zu allen Menschen gehören, aber um ihrer besonderen Aufgabe willen ausdrücklich erwähnt und dadurch hervorgehoben werden. Wie der Apostelschüler macht auch der Erzbischof deutlich, dass das Gebet für den König nicht zuerst als Huldigung und Unterwerfung der Betenden gemeint ist; bzw. nicht als Huldigung des Königs und Unterwerfung unter ihn, sondern, im Gegenteil, den König als Diener unter Gott als höchsten Herrn und König stellen soll. Das Gebet für den König erhöht diesen nicht über die Menschen, sondern erniedrigt ihn unter Gott. Das muss man sich als betender Bischof erstmal trauen und als König erstmal aushalten. Da wird einer auf seinem Thron zum König gekrönt, aber die höchste Krone, die Vorherrschaft – the supreme reign – gebührt Gott allein, dem der in himmlischer Herrlichkeit thront – enthroned in heavenly splendour.

Selbst eingefleischten Atheisten müsste das doch gefallen – uns anderen ja sowieso: Dass ausgerechnet in einem solchen glanzvollen Moment, auf den noch dazu der zu Krönende ein ganzes Leben – 70 Jahre – schon gewartet hat, in allem Pomp und in allen Umständen – „macht euch bloß keine Umstände!“, war jetzt offenkundig die Devise für diese Feier nicht – dass also in einem solchen Moment voller Gold, Glitzer und Trompeten der hohe Herr „Diener“ genannt und an einen höheren Herrn als ihn erinnert wird. In allem Hochgefühl ist das ein Mittel gegen jeden Hochmut des Königs: Berufen ja, aber berufen, um zu dienen: Called to serve, wie es das Motto der erzbischöflichen Krönungspredigt sagt.

Im Grunde zeigen alle Regalien, Insignien und herrscherlichen Symbole der Krönungsfeier diesen dialektischen Herrschaftsauftrag zur Herrschaft als Dienst unter Gott, besonders der berühmte, geheimnisumwitterte, umstrittene „stone of scone“, der für die Krönung in den Thron gelegt wird und auch vergangene Woche gelegt wurde und der – so will es die mutige und abenteuerliche Legende – der Stein von Jakobs Nachtlager unter der Himmelsleiter sei und damit also an einen reichlich unrühmlichen Moment des biblischen Patriarchen erinnert, als der vor seiner Familie geflohen und von allen guten Geistern verlassen in einer Vision diese Leiter sieht, auf der Engel zwischen Himmel und Erde wandeln. Darin wird Jakob sein Platz – nämlich ganz unten – gezeigt, aber auch seine Hoffnung und Aspiration – ganz oben im Himmel. Nebenbei bemerkt: Es ist eine unerfindbare Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet der seinen königlichen Allerwertesten in diesem Moment auf diesen Stein setzt, dessen Söhne in bitterem Bruderzwist getrennt sind – genauso wie Jakob und dessen Bruder Esau. Aha, auch der König ist nicht ausgenommen von den Plagen und Streitereien, die alle von uns belasten können.

Das Gebet für den König erinnert diesen an seinen Dienst vor Gott und an seinen Dienst für die Menschen,damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeitwie es der Apostelschüler sagt und ebenso der Erzbischof meint und ausführt: that we and all thy people/ dass wir und alle deine Völker/ may live in peace and prosperity/ in Frieden und Wohlstand leben mögen. Auch in diesem Aspekt ist das Gebet für den König keine Ergebenheitsadresse von Untertanen, sondern weit eher Erinnerung an seinen Auftrag und Forderung, ihn zu erfüllen. König und Obrigkeit dürfen dann und genau dann mit Gottes Gnade rechnen, sich also dann und nur dann auf Gottesgnadentum berufen, indem sie dieser Bitte entsprechen: wenn sie sich für Frieden und Wohlstand der ihnen anvertrauten Menschen einsetzen.  

Und gilt das jetzt eigentlich auch für uns glanzlose Republikaner, uns nüchterne Demokraten, uns monarchieferne Trockenbrötchen? Aber ja, denn auch wenn unsere Regierenden weder König noch Obrigkeit im alten Sinne sind, so kann und so würde ihnen nicht schaden, an eine höhere Instanz verwiesen zu werden, vor der auch sie sich zu verantworten haben. Solche höheren Instanzen sind Gesetz, Verfassung und Volk zuerst, keine Frage – aber eben auch und noch viel mehr der König der Könige. 

Es ist merkwürdig und schade zugleich, dass nur die wenigsten der uns in unserem Land Regierenden beim Eid die Gottesformel verwendet haben – und es ist umso bemerkenswerter, dass ausgerechnet die freisinnigen Liberalen das im Gegensatz zu den anderen mehrheitlich dann doch sagten: „So wahr mir Gott helfe“ – desto inniger verdienen sie alle unser Gebet, und dass unser Anliegen auch für sie hörbar vor Gott gebracht wird; das Anliegen, dass Gott ihnen „solche Gaben der Weisheit und der Liebe verleihen möge, damit wir in Frieden und Wohlstand leben“. 

Das Gebet für die Regierenden überhöht sie nicht, sondern begrenzt sie. Der Verweis unserer Gebete auf die Herrlichkeit Gottes – „Denn ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“ – soll sie vor Selbstherrlichkeit schützen. Jede Regierung hat das Recht auf diese Begrenzung menschlicher Macht durch Gott hingewiesen zu werden; und wir Christen haben die Pflicht, uns und sie durch das Gebet zu erinnern, dass sie nicht autonom, und nicht autokratisch das Geschick der ihnen anvertrauten Menschen bestimmen wollen. Damit ist das Gebet der Gläubigen eine staatstragende Handlung, ein staatsermöglichender Akt. Und alles andere – wenig ist das nicht – legen wir im Gebet in Gottes Hand. Amen.

Predigttext an Weihnachten 2022

[Das Geheimnis Gottes, das ist Christus.] In ihm liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Ich sage das, damit euch niemand betrüge mit verführerischen Reden. Denn obwohl ich leiblich abwesend bin, so bin ich doch im Geist bei euch und freue mich, wenn ich eure Ordnung und euren festen Glauben an Christus sehe. Wie ihr nun angenommen habt den Herrn Christus Jesus, so lebt auch in ihm, verwurzelt und gegründet in ihm und fest im Glauben, wie ihr gelehrt worden seid, und voller Dankbarkeit. Seht zu, dass euch niemand einfange durch die Philosophie und leeren Trug, die der Überlieferung der Menschen und den Elementen der Welt folgen und nicht Christus. Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig, und ihr seid erfüllt durch ihn, der das Haupt aller Mächte und Gewalten ist. 

(Brief des Paulus an die Kolosser 2,3-10)

Es war einmal – so fangen Märchen an – es war einmal eine Zeit, dass die Menschen ganz selbstverständlich, in aller Naivität oder in tiefer Weisheit im Glauben ihr Leben führten, vor Gott ihr Tagwerk verrichteten und sich von seinen Engeln in den Schlaf betten ließen:

Abends, will ich schlafen gehn,
vierzehn Engel um mich stehn:
zwei zu meinen Häupten,
zwei zu meinen Füßen,
zwei zu meiner Rechten,
zwei zu meiner Linken,
zwei die mich decken,
zwei, die mich wecken,
zwei, die mich weisen
zu Himmels Paradeisen!

Das war das Abendgebet meines Vaters – Gott hab ihn selig – das ihn im Glauben  hoffentlich dorthin geführt hat, wovon er sprach. Er hat den Glauben an Himmels Paradeisen ausdrücklich geteilt und es erfüllt mich noch heute mit wilder Scham, wenn ich mich an ein Gespräch von vor 40 Jahren erinnere, bei dem ich ihm als Erstsemester der Theologie seinen naiven Kinderglauben an das Paradies im Himmel austreiben wollte. Es bleibt nur zu hoffen, dass ich ihn nicht weiter mit meinen halbgaren säkularen Belehrungen beeindruckt habe!  

Gerade an Weihnachten gehen unsere Gedanken an die, die nicht mehr mitfeiern können. Wir beziehen sie ein, nennen Erinnerungen, halten ihnen einen Platz frei, wenn nicht am Tisch, so doch im Herzen. Je älter wir werden, desto mehr feiern mit uns, die nicht mehr mit uns feiern können. Deshalb ist die Weihnachtsstimmung für viele keine ausgelassene Fröhlichkeit, dazu passierte zu viel über die Jahre, sondern sie ist eher eine verhaltene Freude und das Gefühl aufgehoben zu sein in Erinnerungen, Ritualen und der Hoffnung auf das, was uns unsere Eltern und Großeltern zu glauben gelehrt haben und uns selbst die aufgeklärtesten Pfarrer nicht ausreden konnten: „Himmels Paradeisen“, zu denen an Weihnachten die Tür geöffnet wird: „Lobt Gott ihr Christen alle gleich, in seinem höchsten Thron, der heut schließt auf sein Himmelreich und schenkt uns seinen Sohn“.

Zu den liebsten Ritualen der Weihnachtszeit gehört der Besuch der Märchenoper „Hänsel und Gretel“, Engelbert Humperdincks Weihnachtsklassiker, der in Wiesbaden seit Jahren mit großem Erfolg aufgeführt wird, wobei sich Kenner und Veteranen darüber streiten, ob nicht die vorherige Inszenierung der seit 2015 gespielten aktuellen Version vorzuziehen ist, weil nämlich einfach die Hexe damals mehr Wumms hatte, viel böser war, echten Schrecken verbreiten konnte – und darum auch die Befreiung aus ihrer Herrschaft umso mehr Erleichterung schuf: als Erlösung vom Bösen.

Anders als die aktuelle Inszenierung und mit ihr viele weitere heutzutage, die die religiöse Dimension des Stücks mehr oder weniger völlig ausblenden, spielt die Oper Humperdincks – unseres Straßennachbarn; soviel Lokalstolz muss sein! – mit zahllosen Motiven der Volksreligion, wie etwa der von Gott heraufgeführten strafenden und ausgleichenden Gerechtigkeit, und variiert zentrale Themen der Bibel, wie z.B. der Himmelsleiter oder dem aus dem Vaterunser bekannten Strukturgegensatz Versuchung und Erlösung: „Führe uns nicht in Versuchung – des Knusperhauses, sondern erlöse uns von dem Bösen – der bösen Hexe“. Dabei bildet der Abendsegen der vierzehn Englein Mitte und Schwerpunkt des Stücks, und sein musikalisches Motiv zieht sich an allen wichtigen Momenten durch. Die Oper beginnt und endet mit ihm und lässt es immer wieder leitmotivisch anklingen, so dass sie allein musikalisch als Erlösungsdrama anzusprechen ist.

Die säkularisierte Fassung in Wiesbaden, die Religion und Glauben ausblendet, verweigert der Musik ihre sichtbare Entsprechung auf der Bühne und scheint darauf zu hoffen, dass die Besucher das Stück nicht gut genug kennen oder die Sänger nicht verständlich singen. Augenfällig wird das in der Engelspantomime direkt nach dem Abendsegen, wenn statt Himmelsleiter und den Engeln auf ihr und dann um die schlafenden Kindern herum eine Schar Waldgeister – herrenlose Mächte und Gewalten – in phantasievollen Kostümen aus dem Wald strömt und die Kinder neugierig besichtigt. Für sich genommen ist das eins der schönsten und wirkungsvollsten – nämlich märchenhaftesten – Bilder der ganzen Aufführung, im Kontext der Musik aber eine verfälschende Säkularisierung.   

Mit unserem Bibelwort gesprochen, wird den Mächten und Gewalten ihr Haupt, nämlich Christus, genommen. Man muss das für keine theaterdonnernde Dramatisierung halten: Indem zugunsten der Überlieferung der Menschen und der Elemente der Welt der christliche Glaube ausgeblendet wird, verlieren wir die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig und darüber alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Das mag für einen Abend in der Oper leicht zu verschmerzen sein – wie gesagt: die Wiesbadener Inszenierung ist unbedingt einen Besuch wert, morgen ist übrigens die letzte Aufführung in dieser Saison – aber für unser ganzes Leben betrachtet bedeutet unsere religionslose Existenz einen immensen Schaden an Leib und Leben.   

Lasst uns also nicht den Märchen von der gottlosen Welt glauben, wie sie gegenwärtig in den Gazetten erzählt werden, wenn bis in die sich für konservativ haltende Presse hinein der Säkularisierungsmythos gepflegt wird. Christlicher Glaube scheint gerade rechtfertigungspflichtig zu werden. Was, Du bist noch Mitglied der Kirche? Dabei heißt Religionsfreiheit doch nicht allein und nicht zuerst Freiheit von Religion, sondern Freiheit zur Religion. Ich darf glauben – auch im säkularen Staat. Und zu glauben tut nicht nur mir sondern auch der Gesellschaft gut: Ohne Gott verliert unsere menschliche Existenz die maßgebliche Instanz, die uns erst zur Rechenschaft zieht. „Ihr werdet sein wie Gott“ – lautet die Verheißung der Gottlosigkeit.

Gegen die Säkularisierungsdepression in- und außerhalb der Kirche setzt unser Predigttext einen putzmunteren, selbstbewussten, offensiven Ton, von dem wir einiges lernen können: Lasst euch nicht betrügen mit verführerischen Reden. … Seht zu, dass euch niemand einfange durch die Philosophie und leeren Trug, die der Überlieferung der Menschen und den Elementen der Welt folgen und nicht Christus. Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig, und ihr seid erfüllt durch ihn, der das Haupt aller Mächte und Gewalten ist. 

Wie heißt es noch im Märchen am Ende: Wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Wenn er nicht gestorben ist – nämlich der christliche Glaube – dann wird er auch morgen noch leben und wirken, in uns und unseren Kindern; tagsüber, aber auch in unseren Abendgebeten, die wir ihnen weitergeben; und das nicht nur zur Weihnachtszeit:

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
Und ganz gewiss an jedem neuen Tag.  

Amen.   

Predigttext an Heiligabend 2022, über die Weihnachtsgeschichte Lukas 2

„Stille Post“ zur „Stillen Nacht“: 

Von Kindergeburtstagen – und heute feiern wir ja den Geburtstag eines Kindes – von Geburtstagsfeiern kennen wir das Spiel „Stille Post“, das geht etwa so: Dem ersten in einer Reihe wird ein Begriff oder ein Satz ins Ohr geflüstert, der das, was er verstanden hat, dann dem Nächsten zuflüstert und immer so weiter, bis der letzte ausspricht, was bei ihm angekommen ist. Ziel des Spiels ist – glaube ich – keineswegs die möglichst korrekte Wiedergabe des Ursprungs, auch nicht seine absichtliche Verunstaltung, sondern der kreative Umgang mit ihm, wobei jener – also der Ursprung – schon irgendwie auch im Ergebnis anklingen sollte. Wenn es gut läuft, macht das einen Riesenspaß und vermittelt obendrein spielerisch etwas von der kreativen Dynamik eines Überlieferungsprozesses. Einiges geht verloren, anderes wird gewonnen, wie immer kommt es darauf an, dass die Bilanzen stimmen.Und die frühen Redakteure der Bibel werden gewusst haben, warum sie das so betonen, dass kein Wort abgezogen und kein Wort hinzugefügt werden darf – denn genau das haben sie getan und genau so ist die Bibel entstanden! 

Es mag etwas frivol klingen, die Erfahrungen mit der „Stillen Post“ auf Bibel und Weihnachtsbotschaft anzuwenden; und wie jeder Vergleich hinkt natürlich auch dieser gewaltig, enthält aber dennoch das eine oder andere Körnchen Wahrheit, vor allem die Wahrheit, dass wir uns gegenseitig die Weihnachtbotschaft so weitersagen sollten, dass sie neuund interessant klingt, obwohl wir sie ja gut kennen, sie „alle Jahre wieder“ hören und schon oft gehört haben; also dass eine Pointe in ihr laut wird, die uns überraschen kann, ohne uns zu befremden. Das Alte neu hören; und im Neuen das Alte wiedererkennen.

Und uns froh und fröhlich machen, das darf sie dabei auch; auch wenn es zunächst gar nicht danach klingt. Auch die Ursprungsgeschichte erzählt ja kein bürgerliches Idyll und schon gar keine Hüttengaudi zum Schenkelklopfen, sondern erzählt von denkbar prekärenFamilienverhältnissen, von Armut und Mangel, erzählt vom Leben unter einem gewaltbereiten Besatzungsregime, von Nacht und Not – und erst dann von „großer Freude“ jubelnder Engel. Die Engel wissen schon mehr als die Familie im Stall und die Hirten auf dem Feld, und viel mehr als wir hier. Wussten wir mal mehr? Waren wir früher frommer? War mehr Lametta?

Wer die öffentliche Diskussion über Kirche und Glaube verfolgt, wundert sich, dass es uns noch gibt. Wenn ich in den letzten Wochen und Tagen richtig gelesen habe, schreibt selbst die für konservativ geltende Presse die Kirchen – und keineswegs nur die unter ihren Skandalen ächzende katholische Kirche – als gesellschaftliche und mehr noch als moralische Größe ab; geschieht uns recht, könnte man sagen, denn auch wir Evangelischen lassen ja keinen Quatsch aus, den wir dann auch noch Kirchenreform nennen: „ecclesia semper deformanda“. Von wegen „Stille Post“ zur „stillen Nacht“; die Boten scheinen doch eher zu verstummen. Das Ende des Konstantinischen Zeitalters, in dem der christliche Glaube anerkannt und verbreitet war, der Untergang des christlichen Abendlandes scheint unaufhaltsam. Es sei denn, es sei denn … die Botschaft erwiese sich als haltbarer als ihre Boten. 

Die Weihnachtsgeschichte führt uns in vorkonstantinische Zeiten, ins Morgenland zurück; es ist der Kaiser Augustus, der die Welt regiert, ihr mit harter Hand seinen Willen als „Pax Romana“ aufzwingt; mit harter Hand und seinen Legionen, die nur wenn sie frech geworden ausnahmsweise im winterlichen Matsch unwegsamer Wälder stecken bleiben. Und das alles haargenau in dem Moment, in dem Gott durch seinen Sohn einen ganz anderen Frieden – den „Schalom Gottes“ – aufziehen lässt. Zeitenwende – aber richtig! Zeitenwende, nach der unsere Zeit gerechnet wird, seit 2022 Jahren, wie lange noch?

Der Evangelist und Chronist Lukas gibt sich alle Mühe, seine Geschichte vom Rande der damals bekannten, also römischen Welträumlich und zeitlich einzuordnen: Kaiser, Statthalter, Provinz, Zeit und Anlass weiß er zu nennen. So genau hätten wir es gar nicht wissen müssen; ob er es denn so genau wusste? Aber seine Absicht ist natürlich klar: das Weihnachtswunder ist in die wirkliche Welt hineingeschehen und bildet den größten möglichen Kontrast zu allem, was im Imperium Romanum Rang und Geltung hat. Denkt euch das unbedeutendste Geschehen im armseligsten Nest in der abgelegensten Gegend, und zieht dann noch einmal die Hälfte ab, oder legt eine Schippe drauf – so kontrastiert Lukas Bethlehem und Rom. Wenn Rom der Nabel der Welt ist, dann Bethlehem der … aber lassen wir das! Und von diesem Ursprung betrachtet war es vielleicht verständlich aber eben nicht die beste Idee des entstehenden Christentums, sich ausgerechnet in Rom sein Zentrum zu suchen. Das Konstantinische Zeitalter mit Rom als seinem Gravitationspunkt – ein Irrtum? Der Weg nach Rom – ein Irrweg? Da sind schon andere draufgekommen.

Kein Haus sondern ein Stall, keine Herberge – geschweige denn Tempel oder Palast – sondern eine Krippe ist der Ort der Geburt des Heilands; gleich dreimal kurz hintereinander nennt der Evangelist Lukas diesen für Geburtszwecke reichlich ungeeigneten Ort: „in der Krippe“; immerhin widerholt er auch das „In-Windeln-Gewickelt“ des Knäbleinsmit allen olfaktorischen Implikationen: auch die Windeln des Heilands werden nach Bedarf gewechselt worden sein. „In Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend“ soll heißen: ärmlich, aber versorgt;unbequem, aber sauber; nackt, aber die Blöße bedeckt; an abgelegenem Ort, aber nicht schutzlos abgelegt.

Gemessen an den armseligen Umständen ist viel los in oder bei jener Krippe in Bethlehem: Engel aus dem Himmel und Hirten von der Herdefinden sich ein, viel Aufmerksamkeit für eine junge Familie, die sich in der neuen Situation erstmal einrichten muss. Mit der im Vergleich zu Lukas ganz anderen Geburtsgeschichte des Matthäus denken wir unwillkürlich weitere Besucher, weitgereiste Weise und Sterndeuter,dazu – aus denen ein langer Prozess „Stiller Post“ die „Drei Heiligen Könige“ gemacht hat, für deren Verehrer es sich sogar irgendwann gelohnt haben muss, namenlose Gebeine aus Mailand ins heilige Köln zu verbringen. Aber sogar Namen für die Könige haben Hellhörigen im Geflüster der Überlieferung herausgehört: Caspar, Melchior und Balthasar, die von lateinkundigen Mitflüsterern als Segenswort abermals dechiffriert wurden: C-M-B: Christus mansionem benedicat: Christus segne dieses Haus!

Und wenn wir gerade dabei sind: In einer weiteren Kapriole hat die Überlieferung ausgerechnet auf dem Gebiet des ehemaligen und in seinen Ruinen immer noch unübersehbaren römischen Reiches aus dem anderen Namen des Dreikönigsfestes – Epiphanias – eine Knusperhexe heraus- oder hineingehört, eine Rosina Leckermaul auf Italienisch, die am Ende der Weihnachtszeit die Kinder mit Süßigkeiten beschenkt: die gute Hexe Befana – von der ist es nur ein kurzer Weg durch „die Nacht ohne Sterne und Mond“ zu Humperdincks Meisterwerk für die Weihnachtszeit – „Hänsel und Gretel“ natürlich – , das übrigens übermorgen zum letzten Mal in dieser Saison in Wiesbaden aufgeführt wird. Vielleicht gibt’s noch Karten.

„Wahr“ ist das, wie alle solche Geschichten wahr sind, nämlich als Anwendungen der Weihnachtsbotschaft auf uns selbst, höchstpersönlich und individuell. So wie Engel, Hirten und Weise das Kindlein segnen, seine Eltern, seinen Stall segnen – so möge es uns segnen. Unser Haus soll an Weihnachten zum Stall von Bethlehem werden, in dem wir uns um die Krippe versammeln; und hier in der Thomaskirche ist das sogar an der schlichten, stallartigen Wandgestal(l!)tung zu besichtigen; kein üppiger Schmuck wie sonst vielfach in den Knusperhäuschen des Historismus, sondern eine schlichte Bretterwand, der signature move,unseres Baumeisters Rainer Schell! Wir haben es direkt vor Augen: Hier und heute ist Bethlehem, ist Heiliger Abend, ist Weihnachten, mit uns hier im Stall, weitgehend ohne Geruch. Das geht in Ordnung.

Weihnachtsüberlieferung ist kulturelle Aneignung in Reinform und auf Gegenseitigkeit. Sie fordert unser eigenes Bestes und sie schenkt uns das Beste eines anderen, des ganz Anderen; mit den Worten unserer Geschichte: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens. Was ersehnen wir uns mehr als Frieden! Frieden auf Erden – ganz besonders im geplagten Land der Ukraine und dass die Legionen des Gewalttäters in Matsch und Wald stecken bleiben mögen – wie damals der verblendete und unglückselige Feldherr des Augustus ziemlich ungefähr zur Zeit Jesu Geburt!

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens. Auch an dieser berühmten Stelle haben bekanntlich nicht alle dasselbe gehört und dasselbe weitergegeben; noch Luther hat mit wichtigen Textzeugen Friede auf Erden den Menschen ein Wohlgefallengelesen und es ist nicht lange her, dass ich in einem bitterbösen Brief der Bibelfälschung bezichtigt wurde, bloß weil ich mit der wahrscheinlich originalen Version Menschen von Gottes Wohlgefallen angeblich ausgeschlossen hätte. Dabei ist der Unterschied ein nur scheinbarer, denn auch die Fassung Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens schließt keineswegs jemanden aus, wenn man bedenkt, dass alle Menschen unter Gottes Wohlgefallen stehen. Auch wenn wir uns von Gott abwenden mögen, wird er sich doch uns immer wieder zuwenden. Gottes Art der Zuwendung zu uns Menschen ist sein Wohlgefallen, das sich als Frieden – als Schalom – äußert: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens.

Solches hörend, brechen die einen – mit den Hirten – in Lob und Jubel aus; andere – mit Maria – bewegen es still in ihrem Herzen, die Temperamente sind verschieden; nicht jeder ist auf dieselbe Weise religiös musikalisch, mancher gar nicht und wendet sich ab, wie Schade. Dabei kann ich nicht glauben, dass es an dieser durch und durch frohen Botschaft liegen soll, eher doch an den Boten, die beim Flüstern nuscheln, oder gleich ganz verstummen. Wir jedenfalls wollen jetzt gemeinsam darüber laut werden: Ehre sei Gott in der Höhe!                

Hubertusandacht an der Feldkapelle – Update Bilder

Sonntag, 16.10.2022, 17.00 Uhr, im Tennelbachtal

Ev. Thomasgemeinde und Kath. Kirchort St. Mauritius

(Foto: privat)

Zu den besonderen Gottesdiensten im Herbst nach Erntedank zählt die Hubertusandacht, die unsere beiden Gemeinden seit genau 10 Jahren – ein kleines Jubiläum also – gemeinsam vor der Feldkapelle veranstalten und die zahlreiche Besucher aus der Umgebung anzieht. Klaus Neumann und Stefan Herok feiern die ökumenische Gebetsstunde im Wald zu den Naturhorn-Klängen des Parforcehorncorps Jagdschloss Platte. Die musikalische Leitung hat Karl-Heinz Kliegel.

Eindruck von der Hubertusandacht am 16.10.2022 an der Feldkapelle Wiesbaden
Eindruck von der Hubertusandacht am 16.10.2022 an der Feldkapelle Wiesbaden
Eindruck von der Hubertusandacht am 16.10.2022 an der Feldkapelle Wiesbaden
Eindrücke von der Hubertusandacht am 16.10.2022 an der Feldkapelle Wiesbaden

Gemeindefest zu Erntedank

Rückblick zum 2. Oktober 2022 in der Thomasgemeinde

(Fotos: privat)

Es war ein Fest mit viel Musik! Vom Kinderchor mit Gabriela Blaudow beim Erntedank-Familiengottesdienst mit Pfarrerin Arami Neumann über Ako Karims Bigband bis hin zum Klezmer-Tango-Konzert mit Ako Karim und I Giocosi: immer und überall gab es etwas zu hören, zu sehen und zu genießen – ganz zu schweigen von den Leckereien an der Kuchentheke und der Grillstation, wo sich alle großen und kleinen Besucher so oft bedienen konnten, wie sie Lust hatten! Die Mal-Ecke im Vorraum der Kirche wurde für kreativen Pausen genutzt, und auch die Rollenbahn hatte über mehrere Stunden lang eine magnetische Anziehungskraft. Manch ein Erwachsener hätte sie wohl auch gerne mal ausprobiert… Das Geräusch der Rollen jedenfalls begleitete das Treiben vor und in Gemeindehaus und Kirche atmosphärisch wie das Rauschen und Rieseln der Brandung an einem Kieselstrand. Soviel es auch am Vormittag geregnet hatte, so wurde das Wetter am Nachmittag zum Glück mit jeder halben Stunde freundlicher. Bei einem Glas Riesling auf dem Kirchplatz ging das Gemeindefest am späteren Abend ganz allmählich zu Ende.

Martinsumzug am 8.11.

Ev. Thomasgemeinde und Kath. Kirchort St. Mauritius

Wir laden herzlich ein zum Martinsumzug am Dienstag, 8.11.22! Wir starten um 17.00 Uhr an der St. Mauritiuskirche und ziehen mit Liedern und Laternen durch die Straßen bis zur Thomaskirche. Dort gibt es einen gemeinsamen Abschluss mit Kinderpunsch und Glühwein.