Hier einige Eindrücke der wundervoll winterlichen Waldweihnacht am 18. Dezember 2022 an der Feldkapelle Wiesbaden



Wiesbaden
Hier einige Eindrücke der wundervoll winterlichen Waldweihnacht am 18. Dezember 2022 an der Feldkapelle Wiesbaden
Am Samstag, 17. Dezember 2022, 16 Uhr, findet in der Thomaskirche Wiesbaden, Richard-Wagner-Str. 88, ein Adventskonzert des Mädchenchores Wiesbaden mit seinen Chören:
Kichererbsen
Hauptchor
Frauenchor „enCHORe“ und
Ensemble „Vocalisma“
statt.
Eintritt frei
Ein Kostenbeitrag wird
dankend angenommen!
Am Vorabend des sechsten Dezembers – das weiß jedes Kind, die besonders – feiern wir den heiligen Nikolaus. Und hier ist das „wir“ ziemlich umfassend, geradezu „katholisch“ gemeint, weil er wegen seiner Menschenfreundlichkeit in der katholischen wie auch in der orthodoxen Kirche einer der populärsten, gar „apostelgleichen“ Heiligen überhaupt ist, außerdem auch bei vielen evangelischen Christen als Gabenbringer gefeiert wird und er sogar in seiner säkularen Schrumpfform als Weihnachtsmann (und sei es in der kaum tauglichen Beleidigung „Sie Weihnachtsmann!“) in der immer größer werdenden Nichtkirche der Unreligiösen eine erstaunliche Karriere gemacht hat; wenn das mal keine kulturelle Aneignung ist!
An den antiken Bischof Nikolaus (3./4. Jahrhundert) aus der Hafenstadt Myra, dem heutigen Demre an der türkischen Riviera (unweit Antalyas), haben sich früh zahlreiche Legenden geheftet, die allesamt nur insoweit „wahr“ genannt werden können, als dass sich in ihnen die Menschenfreundlichkeit Gottes in einem Menschen spiegelt. Er verschenkt im Namen Gottes und auf eigene Kosten neues Leben und neue Lebensmöglichkeiten, z.B. in der bei uns besonders bekannten und beliebten Erzählung, nach der der wohlhabende Nikolaus mit dem nächtlichen Hineinwerfen dreier Goldklumpen in das Haus einer verarmten Familie die drei Töchter vor der Zwangsprostitution bewahrt. Nach einer anderen Geschichte gelingt ihm sogar die Reanimation eines zerteilten und im Salzfass eingelegten Jünglings. Entscheidend und in diesem Sinne „wahr“ ist hier wie dort und in weiteren Legenden, dass die Taten und Wunder des Nikolaus den Betroffenen neues Leben durch Gott ermöglichen.
Seine Popularität hat dafür gesorgt, dass Seeleute (andere sagen Piraten) aus dem süditalienischen Bari im Jahr 1087 seine Gebeine aus Myra geraubt und in ihre Heimatstadt überführt haben, was bis heute etwas euphemistisch als „translatio“ in einem großen Volksfest in Bari im Mai gefeiert wird. Die übrige Zeit des Jahres liegen seine Gebeine (wobei die türkischen Grabwächter im verwaisten Demre natürlich davon ausgehen, dass die falschen geklaut wurden und die richtigen noch an ihrem Ort sind!) in einer romanischen Basilika in der baresischen Altstadt, tief verehrt von den Pilgern aus West und Ost. So sehr im Osten verehrt, dass sie erst kürzlich – und zum allerersten Mal seit ihrer Ankunft in Bari – im Jahr 2017 neuerlich auf Reisen gingen, nach Russland nämlich, wo sie allein in Moskau von mehreren Millionen Menschen besucht wurden – dem Vernehmen nach auch von einem gewissen Präsidenten, gegen dessen Besuch sich der Heilige Nikolaus leider nicht wehren und dessen Gewissen er nicht schärfen konnte: Nicht alle, die ihm begegnen, lassen sich von der Menschenfreundlichkeit des Nikolaus berühren.
Als strengen Prüfer des Gewissens habe ich den Nikolaus als Kind wie viele meiner Generation kennengelernt, nämlich auf seinen Hausbesuchen am Vorabend des Nikolaustages, wenn er laut polternd Einlass in die Wohnung begehrte, zu meinem Schrecken auch bekam und erst nach einer reichlich verstörenden Befragung, die eindeutig Insiderwissen über meine Missetaten verriet, seine guten Gaben aus dem Sack ließ, für die ich aus lauter Angstschweiß und Tränen aber keinen Blick mehr hatte. Es dauerte dann einige Jahrzehnte, mein Nikolaustrauma zu überwinden, um den Menschenfreund Nikolaus für mich neu zu entdecken und mich selbst als glücklicher und stolzer Träger seines Namens zu fühlen – wie doch wohl alle Niklasse oder Kläuse, jeder Niccolo oder Nikita, Klaas, Nick, Nils oder Lasse; und noch die Damen und Herren Klose, Lose oder Nietzsche (eine noch viel längere Liste von Namensderivaten findet sich bei Manfred Becker-Huberti: Der Heilige Nikolaus, Leben, Legenden und Bräuche, Köln 2005, das für eigene Nikolausstudien wärmsten empfohlen werden kann).
Klaus Neumann
St. Mauritius & ev. Thomasgemeinde
Auch in diesem Jahr gibt es wieder unsere nachbarschaftliche Aktion:
Vom 1. bis 22. Dezember treffen wir uns jeweils von 19.00-19.15 Uhr zu adventlichen Gedichten, Geschichten und Liedern im Kerzenschein vor einer Tür in der Nachbarschaft. Alle sind herzlich eingeladen!
Und dem Engel der Gemeinde in Laodizea schreibe: Das sagt, der Amen heißt, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Schöpfung Gottes: Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist. Ach dass du kalt oder warm wärest! Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde. Du sprichst: Ich bin reich und habe mehr als genug und brauche nichts!, und weißt nicht, dass du elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß. Ich rate dir, dass du Gold von mir kaufst, das im Feuer geläutert ist, damit du reich werdest, und weiße Kleider, damit du sie anziehst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde, und Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du sehen mögest. Welche ich lieb habe, die weise ich zurecht und züchtige ich. So sei nun eifrig und tue Buße! Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir. Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden habe und mich gesetzt habe mit meinem Vater auf seinen Thron. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt! (Offenbarung 3,14-22)
Lauwarmer Laodizeer zu sein, das wäre doch schon was in diesen Zeiten!
Denn um es vorwegzunehmen, liebe Schwestern und Brüder, trotz der besten Vorsätze, die aber allesamt in der Hitze eines außergewöhnlich heißen Sommers getroffen wurden, gelingt es mir zunehmend weniger beim Duschen und Heizen zu sparen. Das sollen wir ja eigentlich, Energie sparen zuhause und anderswo, um einem blindwütigen Gewaltherrscher nicht auch noch die Kassen zu füllen; das scheint – noch! – ansatzweise zu gelingen, aber der Herbst war milde, auch jetzt ist es noch nicht richtig kalt geworden – was wird wohl sein, wenn der Winter so hart wird, wie der Sommer heiß war? – und mir gelingt es schon jetzt immer weniger nur mal schnell und kühl, geschweige denn kalt zu duschen und die Heizung runterzudrehen. Immer wenn Freunde und Kollegen ihre Heldengeschichten von der kalten Wohnung und der kalten Brause erzählen, erschauere ich, halte ganz still und denke bei mir: Wenigstens lauwarm sollte es doch sein.
Der Herr badet gern lau – dieser berühmte Satz, der übrigens passenderweise im Kontext einer Moskaureise einer deutschen Regierung fiel – lang ist es her (1973 mit Kanzler Willy Brandt), und so viel sagen sollte, als dass der damalige Kanzler ein Warmduscher sei, also einer, der die Härte und Kälte des politischen Lebens nicht gut aushält, es lieber bequem hat, den lauen Kompromiss wählt; und schon gar nicht die unbequeme Härte und Kälte des russischen Winters auszuhalten gewillt und in der Lage ist, und der – also ein russischer Winter – natürlich auch dieses Jahr nicht in unserer Gegend zu erwarten ist; in der von der an die Kälte gewohnten Russen überfallenen Ukraine aber schon. Darauf muss man erstmal kommen, den Gegner durch Kälte und Dunkelheit gefügig machen zu wollen. Die Verteidiger ihres Landes haben sich jedenfalls gegen den lauwarmen Weg der Bequemlichkeit entschieden und scheinen bereit zu sein, der Kälte des russischen Winters standzuhalten.
Dass es Situationen und Lebenslagen gibt, die uns Entscheidungen und also Entschiedenheit abverlangen; Entscheidungen, die uns ein lauwarmes Verharren verbieten, genau das meint der Seher Johannes mit seinem Wort an die Gemeinde in Laodizea, das wie sein ganzes Buch ein verschlüsselter Text in schwierigster Zeit und äußerster Bedrängnis ist. Sein: Wer Ohren hat, der höre zeigt an: Hier liegt ein Sinn unter der Oberfläche; hier ist was verschlüsselt; erschließt Euch den tieferen Sinn meiner Worte; denn ich kann jetzt nicht offen reden.
Noch werden die Christen im römischen Imperium verfolgt, Kaiser Nero – sein Name verbirgt sich wohl hinter dem berühmten und satanisch-berüchtigten 666 der Johannesoffenbarung – dieser Nero ist auf neronischen Umtrieben; Christen sehen sich Mordwellen ausgesetzt, angezündet, den Tieren im Colosseum zum Fraß vorgeworfen und also in den Untergrund verdrängt, in die berühmten Katakomben in Rom, Neapel und anderswo verdrängt; christlicher Gottesdienst ist nur unterirdisch, versteckt möglich, im Dunkeln der Grabanlagen; Seite an Seite mit den Toten – und siehe sie leben.
Die Christen in Laodicea waren eine solche bedrängte Gemeinde, die sich Unentschiedenheit eigentlich nicht leisten konnten, wollten sie überleben; aber sie sind sich nach Ansicht unseres Briefautors ihrer misslichen Lage nicht bewusst. Vielleicht halten sie sich durch Randlage in großer Entfernung der Hauptstadt für hinreichend geschützt: was interessiert es den Kaiser von Rom wenn in Laodicea im fernen Phrygien ein Sack Oliven umfällt oder eben eine Handvoll Christen ihre Lieder singen? Vielleicht halten sie sich für reicher als sie tatsächlich sind, weil es ihnen bisher an nichts fehlte: Uns fehlt es an nichts, warum sollten wir etwas ändern? Vielleicht konnten sie sich bisher immer irgendwie durchwurschteln und wissen nicht, dass sie elend und jämmerlich sind, arm, blind und bloß. Wer Ohren hat, der höre!
Als Mithörender solcher verschlüsselten Worte in einer ganz anderen Zeit und unter ganz anderen Umständen fühle ich mich dennoch verstanden, mehr noch: erwischt! Denn auch wir heutigen Christen leben in einer Scheinwelt, machen uns Illusionen, halten uns für andere, Größere, Bessere als wir sind; unsere Kirchen und Gemeinden sind längst Denkmäler verfallener Größe; und wir bloße Scheinriesen, verzwergt in den viel zu großen Anzügen der Vergangenheit; und das sicherlich auch durch Unentschiedenheit: durch unsere Lauheit verzwergt; Religion ist nicht, nicht mehr, was uns unbedingt angeht; Glauben, nicht mehr das, was mich umtreibt und meinem Leben Sinn gibt; sondern bloße Garnierung und Accessoire, der Sahnekleks, wenn überhaupt, auf einem Dasein, dass die meiste Zeit auch ganz gut ohne Gott auskommt; wer braucht eigentlich noch die Weihnachtsgeschichte für Weihnachten? Religiös betrachtet und geistlich gesehen sind wir haargenau so wie die lauwarmen Laodizeer: elend und jämmerlich, arm, blind und bloß.
Aber der Autor macht den Laodizeern und damit uns ein Angebot, das wir kaum ablehnen können; ein Kaufangebot und damit passt es ja ganz gut in die Vorweihnachtszeit, wenn die wichtigste Botschaft die wöchentliche Mitteilung des Einzelhandelsverband ist, ob wir auch alle brav gekauft haben; da müsste doch die eine oder andere Erkenntnisse für unsere jetzt anstehenden Weihnachtseinkäufe drinstecken.
Kauft Gold, weiße Kleider und Augensalbe ruft unser Autor werbend zu; und trifft damit ganz gut die Kauf- und Schenkgewohnheiten, die noch heute zu Weihnachten gelten: Gold, Geld und Schmuck – Gewirktes, Gestricktes und Selbstgestricktes – freiverkäufliche Arzneien, Pülverchen und Tinkturen, streng ohne Rezept aber mit Empfehlung der Apothekenrundschau.
Natürlich hat sich der Autor unseres Briefes mit seinen Kaufempfehlungen was Symbolisches gedacht: das Gold, das er zu kaufen empfiehlt, soll besonders edel sein, besonders rein, im Feuer geprüft, kostbar, haltbar, belastbar, fähig zum Widerstand – anders als wir; und die weißen Kleider, so sauber und rein, so klar, so eindeutig, wie wir eben nicht sind, die wir uns höchstens aufs „Whitewashing“ verstehen, aber eben nicht wirklich ganz sauber sind; und die Augensalbe, mit der wir uns endlich die Augen heil und sauber reiben sollen, um zu sehen, wie es mit uns steht.
Im normalen Geschenkewesen sollte man sich solcher symbolisch-pädagogischer Geschenke lieber enthalten – also nicht nach dem hier zitierten Motto schenken: Welche ich lieb habe, die weise ich zurecht und züchtige ich; wobei an dieser Stelle das Wort züchtigen heutzutage zu scharf klingt; nach dem Original ist eher Erziehung gemeint, also welche ich lieb habe, weise ich zurecht und erziehe ich, was zugegebenermaßen aber auch nicht viel besser ist. Wer will schon als Lesemuffel mit einem Buch „erfreut“ und erinnert werden, dass er einer ist; und wer durch ein Stück Seife daran, dass man Mief und Gemüffel abwaschen kann? Andererseits leben natürlich gerade kostbare Schmuckgeschenke von ihrem Symbolgehalt: So viel bist du mir wert, und noch viel mehr! Aber Achtung: Wer hat schon die Mittel, seine Liebe wirklich in Gold aufzuwiegen? Und für die Liebe meines Lebens müsste es doch schon ein ganz ordentlicher Klunker sein: diamonds are forever! Ein Diamant ist unvergänglich – was schon eine ziemlich religiöse Aussage ist und sicherlich als solche gemeint war.
Mit einem Geschenk lässt sich durchaus Entschiedenheit einerseits ausdrücken oder es drückt sich in ihm bloße Unentschiedenheit, also Lauheit andrerseits aus. Das unpassende, gedankenlos gekaufte, geschmacklose Geschenk kann mehr Schaden anrichten als es ganz zu vergessen: Doppelt Geschenktes, weiter Verschenktes, das geizige Geschenk oder allzu praktische Geschenke kann man sich schenken. Das gelungene Geschenk hält hingegen die Balance zwischen Selbstlosigkeit, Liebeserklärung und Einfühlungsvermögen, was dem anderen eine Freude bereiten könnte. Und nur ein lauwarmer Laodizeer würde sich von solchen hohen Ansprüchen an das Schenken abschrecken lassen: Dieses Jahr schenken wir uns gar nichts, ok Schatz?
Ich glaube das ist der Punkt: Lauwarm heißt, Kosten und Mühen zu scheuen; lauwarm heißt, sich angesichts der Größe einer Entscheidung, sich nicht entscheiden zu wollen; lauwarm heißt, sich den letzten Schritt zu gehen einfach nicht getrauen; in der Liebe wie in der Religion, die sind sich ja sowieso in vielerlei Hinsicht ähnlich. Aber warum sollte ich mit einem Menschen leben wollen, den ich nicht über alles liebe; oder umgekehrt: warum sollte ich nicht mit dem Menschen leben wollen, den ich über alles liebe? Oder warum sollte ich einer Religion angehören, der ich nicht glaube; und abermals umgekehrt: Warum sollte ich ihr nicht angehören – ganz und gar – wenn ich ihr glaube? Es mag Dinge oder Verrichtungen geben, die ganz gut lauwarm zu genießen sind – Duschbäder könnten dazugehören -, aber die wirklich wichtigen erfordern eine Entscheidung.
Auf den alles entscheidenden Moment der Entscheidung kommt es an: Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich hineingehen. Das wäre doch wirklich ärgerlich, einen solchen Moment zu verpassen. Und auf den warten wir im Advent.
Amen.
Der Kirchenvorstand der Thomasgemeinde hat beschlossen, dass wir in den Wintermonaten, Januar bis März 2023, den Gottesdienst im Gemeindehaus feiern. Der offensichtliche Grund für diesen zeitweisen Umzug aus der Kirche, die dann kalt bleiben kann, ist die erwartete Energiekrise, wegen der die Kir-chenleitung empfiehlt, Möglichkeiten der Einsparung wie diese zu erproben. Wir planen, dass wir zu Palmsonntag am 2. April 2023 wieder in unsere Thomaskirche einziehen können. Auch das Gemeindehaus bietet einen geeigneten Rahmen für Gottesdienste, insbesondere technische Möglichkeiten, ein Bild auf die große Leinwand zu projizieren und es so zum Gegenstand der Betrachtung zu machen. Als weitere Maßnahme empfiehlt unsere Kirchenleitung, Gottesdienste in der Nachbarschaft gemeinsam zu feiern. Auch diese Möglichkeiten wollen wir nutzen und planen im neuen Jahr, zunächst in den Wintermonaten Gemeinsame Gottesdienste im Nachbarschaftsraum in jeweils einer der vier beteiligten Gemeinden für alle Gemeinden (bitte die unterschiedlichen Uhrzeiten beachten!). Mitfahrgelegenheiten wird es geben:
Sonntag, 22. Januar, 10 Uhr im Gemeindehaus der Thomasgemeinde
Sonntag, 12. Februar, 11.00 Uhr im Gemeindehaus der Versöhnungsgemeinde
Sonntag, 19. März, 10.00 Uhr in der Thalkirche in Sonnenberg
Sonntag, 30. April, 17.00 Uhr in der Ev. Kirche in Rambach
An den anderen Sonntagen finden die Gottesdienste wie üblich in den Gemeinden statt.
Am Sonntag, 13. November, um 17 Uhr lud die Evangelische Thomasgemeinde zu einer Lesung in ihr Gemeindehaus in der Richard Wagner-Str. 88 ein. Prof. Dr. Sprang präsentierte eindrucksvoll Beispiele aus seiner schier unerschöpflichen Sammlung außergewöhnlicher Todesanzeigen, die er in inzwischen vier Büchern verarbeitet hat.
Heimatkunde und Kunstgenuss: Unser Gemeindeglied Felizitas Reusch, Leiterin der Kunstarche, führt die Gruppe aus unserer Gemeinde durch die aktuelle Ausstellung des Wiesbadener Künstlers Egon Altdorf (1922-2008), der insbesondere an und in der Wiesbadener Synagoge mit seiner Kunst sichtbare Spuren hinterlassen hat.
Einladung zur Führung am 11.11.22
Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung im Gemeindebüro (Di vorm. und Mi nachm. unter Tel. 0611.20 46 331) oder bis zum Vortag unter Thomasgemeinde.Wiesbaden@ekhn.de
Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich. Ihre Glut ist feurig und eine gewaltige Flamme. Viele Wasser können die Liebe nicht auslöschen noch die Ströme sie ertränken. Wenn einer alles Gut in seinem Hause um die Liebe geben wollte, würde man ihn verspotten. (Das Hohelied Salomos 8,6b-7)
Das letzte Mal, dass ich dieses Buch der Bibel – das Hohelied Salomos – aufgeschlagen habe, um darüber zu predigen, das war auf einer weißen Insel im blauen Mittelmeer dieses Jahr; auf einer Insel, was sag ich? – auf der Insel der Inseln – auf Capri! Schönheit, die man kaum aushalten und der auch die Masse der Besucher nichts anhaben kann; Hort der Sehnsucht und der Leidenschaft seit Menschengedenken.
Und dann auch noch in Sichtweite, aber in wohl sicherer Sichtweite des immer noch aktiven Vulkans, des gefährlichsten Vulkans Europas, der vor 78 Jahren sicher nicht zum letzten Mal Wut und Feuer gespuckt hat – Seine Glut ist feurig und eine gewaltige Flamme – , wie er es immer wieder getan hat, besonders gründlich und grausam im Jahre 79, was heute noch in Pompeji, dieser in Asche bedeckten Stadt, zu besichtigen ist: ein Ort wie das Totenreich. Ausgestreckt die von Glut, Feuer und Asche bedeckten Leiber, auch die ineinander verschlungenen Leiber von Liebenden, deren Umrisse in der Asche noch zweitausend Jahre nach ihrem Ende sichtbar sind, bzw. durch die berühmten Gipsabdrücke sichtbar gemacht wurden: Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich.
Für ihr Fest in Capri haben die beiden Liebenden – einer davon aus unserer Gemeinde, die andere aus Land und Gegend selbst – sich ein Wort aus dem Hohelied Salomos ausgesucht, nicht weniger schön und nicht weniger gefährlich als der Ort selbst: Steh auf, Nordwind, und komm, Südwind, und wehe durch meinen Garten, dass der Duft seiner Gewürze ströme! Mein Freund komme in seinen Garten und esse von seinen edlen Früchten. (Das Hohelied der Liebe 4,16) Sie können sich denken, welche Herausforderungen den Prediger über solche Verse treffen, damit er sein Thema nicht verfehlt, ohne unschicklich zu werden.
Ein Predigttext aus dem Hohelied Salomos gehört zu den seltenen Vergnügen von Prediger und Gemeinde und wenn nicht die Traupredigten wären, für die sich dann und wann ein Paar einen Vers aus diesem Buch aussuchte, müssten wir beinahe ganz darauf verzichten; aber beides – Seltenheit und Vergnüglichkeit – hat seinen Grund, und zwar ein und denselben; und man fragt sich, ob die beiden Glücklichen überhaupt wissen, was sie sich da aussuchen und wünschen: Ein Wort aus dem Hohelied der Liebe, einem Buch der Bibel zum rot werden auf jeder Seite, so deftig und saftig wird da von der Liebe gesprochen von einem der offensichtlich weiß, wovon er spricht; jeder erotisch relevante Körperteil – und welcher wäre das nicht? – wird in den glühendsten Bildern und Farben beschrieben – und dabei Gott kein einziges Mal erwähnt. Wer´s nicht glaubt, soll gerne selbst mal um unsere Verse im 8. Kapitel herumlesen; und wer sich dann nicht der erotischen Unverblümtheit, oder eher der eindeutigen Verblümtheit wunderte, dem wäre nicht zu helfen.
Es gibt genug Theologen, die es für einen genialen Irrtum halten, dass dieses Buch fleischlicher Gesänge unter falscher Flagge, nämlich des Salomon, in den Hafen der Bibel gesegelt ist; aber es wären keine guten Theologen, die das Buch und solche Verse nicht getauft und nicht so gedeutet hätten, dass sie für sie am Ende von Gottes Liebe sprechen; eigentlich schade aber wahrer als man zuerst denkt.
Die religiöse Aneignung dieser und der anderen sinnlichen Verse aus dem Hohenlied der Liebe bestand in ihrer hemmungslosen Spiritualisierung; also dass die auf die körperliche Liebe abzielenden Metaphern nun als Bilder der geistigen, göttlichen Liebe gedeutet werden. – Wenn Gott zwar nie genannt wird, wird er wohl immer gemeint sein. – Das muss man nicht für platonisch-christliche Verklemmtheit halten (zumal sich diese Interpretation schon bei den jüdischen Gottesgelehrten findet), sondern das vollzieht nur in der Poesie nach, was Gott durch die Evolution in der Biologie ins Werk gesetzt hatte: das körperliche Begehren im Dienste höherer Zwecke, die erotische Liebe als Lehrerin der agapischen Liebe.
Die griechische Sprache macht hier einen deutlichen Unterschied, den die deutsche nicht kennt. Das deutsche Wort Liebe umschließt beides, die begehrende Liebe des Eros wie auch die empfangende Liebe der Agape, wobei, wie wir allein schon an der antiken Interpretation des Hohelieds Salome erkennen, die eine durchaus Metapher der anderen sein kann. Und vielleicht enthält ja gerade der vereinheitlichende und vermeintlich ungenauere deutsche Sprachgebrauch die tiefere Weisheit, dass Liebe im eigentlichen Sinne umfassend und ganzheitlich zu verstehen und auch zu praktizieren sei. Es fehlt der Liebe etwas, wenn ihr einer der eigentlich so unterschiedlichen Aspekte fehlt. Begehren und Empfangen, menschliche und göttliche Liebe, könnten enger zusammengehören als es die griechische Schulweisheit wissen wollte.
Was sie aber zusammen mit dem unter dem Namen des großen Liebhabers und Königs Salomo dichtenden hebräischen Dichter zu wissen glaubt und wir ihr darin gerne folgen, ist die unüberwindliche Stärke der Liebe, die selbst nicht vom Tod überwunden werden kann, sondern ihrerseits den Tod überwindet: Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich.
Paradoxerweise und tragischerweise zugleich erkennen – und erleben wir womöglich selbst – die Wahrheit dieses Wortes im Tod des geliebten Menschen, der der Liebe zu ihm kein Ende zu setzen vermag. Über den Tod hinweg verbinden uns unsere Gefühle mit dem Verstorbenen, hält uns unsere Liebe zusammen, hält, obwohl uns der Tod längst geschieden hat.
Auf einer ganz anderen Insel als der vorhin erwähnten, umflossen von Atlantik und Ärmelkanal, in Großbritannien natürlich, viel kälter die Wasser, schlechter das Wetter und angeblich viel gefühlskälter die Menschen, gibt es ein bewegendes – und bestimmt nicht nur dieses eine bewegende – Zeugnis und Denkmal der Liebe – nämlich das heute noch hoch aufragende Albert-Memorial im Hyde-Park in London, das die nicht eben für ihre feurige Liebe bekannte Königin Viktoria ihrem Prinzgemahl Albert nach dessen Tod gestiftet hat und damit ihre unerloschene und nie erlöschende Liebe zu ihm zeigen wollte.
Ähnlich unserer golden leuchtenden Griechischen Kapelle in Wiesbaden, die ja als Grabmal vor allem Denkmal der überschwänglichen Liebe eines hessischen Fürsten zu einer russischen Zarentochter ist. Nicht jeder von uns kann auf diese Weise seiner Liebe ein Denkmal bauen, aber nachvollziehen und fühlen, um was es hier geht, können wir schon; uns davon berühren lassen und in uns wiederfinden, doch auch. Unsere Fähigkeit um unsere Liebsten zu trauern, jede Träne um sie, ist ein Denkmal unserer Liebe.
Der christliche Glaube ist hier noch einen kühnen Schritt weiter gegangen, indem er im Tod selbst das unerfindbare Zeichen der Liebe Gottes zu uns Menschen gesehen und gefunden hat. Der, der nichts für sich selbst zu sein vermag, will uns alles sein. Seine Liebe überwindet den Tod, indem er ihn mit uns und für uns erleidet. Indem wir das erkennen und glauben, empfangen wir die Liebe Gottes, die den Tod überwunden hat.
Denn Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich.