Geistliches Wort

Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir!

(Buch des Propheten Jesaja 60,1; Monatsspruch Dez. 2024)

Noch die Übertreibungen unserer Weihnachtsdekorationen tragen das Prophetenwort weiter: Hell soll es werden, weil es hell wird! Das könnte man für unnötig halten, weil Gottes Helligkeit ja ohnehin alle unsere Lichter in den Schatten stellt. Es geht aber wohl um Entsprechungen und gegenseitiges Entgegenkommen: Unsere Helligkeit und Gottes herrliches Licht kommen sich entgegen; wie ja auch unser und Gottes Frieden, unsere und Gottes Liebe, unsere und Gottes Freude und so fort. Hier kommt zusammen, was zusammengehört.

Wir befördern Weihnachtliches Entgegenkommen durch solche Signale der Bereitschaft, wie etwa nach langem Spaziergang, über dem es dunkel geworden ist; das Licht am Ende eines Weges, das Betrieb verspricht, in einer Gaststätte vielleicht, da lässt sich aufwärmen, ausruhen und stärken. Schon dieses Licht macht selbst aus der Entfernung her ein Versprechen und ein Angebot: Mache dich auf! Beinahe egal, was da dann als Stärkung auf mich wartet (aber eine Gulaschsuppe wäre schon fein).

Natürlicherweise gehört zum Licht der Kontrast zu Schatten und Finsternis; die müssten wir gar nicht verstärken, die sind immer schon da. Passend setzt der Prophet seine Rede fort: 

Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. (Jesaja 60,2) 

Auch dieses Jahr erscheint uns die Dunkelheit der Welt besonders dunkel, der Kontrast zum weihnachtlichen Lichtereignis besonders groß und Gottes entgegenkommende Herrlichkeit noch unwahrscheinlicher als sonst; umso mehr, wenn wir den historischen Ort der Lichterscheinung bedenken, Jerusalem, das als Zion besungen wird, und das gegenwärtig im Kampf gegen die Mächte der Finsternis selbst in der Finsternis zu versinken droht. 

Spricht es gegen unser Prophetenwort, dass sich der Zustand einer Welt nicht wesentlich erhellt hat, immerhin seit vielleicht zweieinhalb Tausend Jahren? Oder spricht es für seine Klarheit und seine Wahrheit, dass es seinerseits nicht im Dunkel erlischt? Sondern trotz allem und noch in der finstersten Finsternis Gottes Licht entgegenzuleuchten fordert: 

Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir!

Klaus Neumann

Ewigkeitssonntag, 24. November 2024

EIN LIED FÜR DIE PILGERREISE.
Wir waren wie in einem Traum,
als der Herr das Schicksal Zions zum Guten wendete:
Da füllte Lachen unseren Mund,
und Jubel löste uns die Zunge.
Da sagte man unter den Völkern:
»Der Herr hat Großes an ihnen getan!«
Ja, der Herr hat Großes an uns getan!
Wir waren in einem Freudentaumel.

Herr, wende unser Schicksal zum Guten,
so wie du die Bäche in der Wüste füllst
nach langer Trockenzeit.
Wer unter Tränen mit der Saat beginnt,
wird unter Jubel die Ernte einbringen.
Noch geht er, geht weinend aufs Feld,
wenn er den Beutel zur Aussaat trägt.
Dann kommt er, kommt jubelnd zurück,
wenn er seine Garben nach Hause trägt.
(Psalm 126, nach der Basis Bibel)

In der Erinnerung an einen geliebten Menschen geht es – auch – um die ganz besonderen Ereignisse, die Höhepunkte und Glücksmomente eines Lebens, dieses Lebens. Bestimmt auch um den Alltag, das Alltägliche, das normale Leben, das sich so oder so eingerichtet hat, das seinen Gang geht, die Mühen und Freuden der Ebene; aber eben auch und noch mehr die Gipfel oder Tiefpunkte, wenn das Leben seine bisherige Gangart verlässt; in Bewegung gerät, sich beschleunigt, oder eben umgekehrt: an einen Halt kommt, eine Zäsur markiert, eine Epoche definiert. Ich meine diese markanten Daten in einer Lebensgeschichte, wie Geburt und Tod meiner Lieben, Examen und Hochzeit; Diagnose und Genesung; Unfall, tiefes Unglück und großes Glück; die eine Reise, die meinen Horizont erweitert; das eine Buch, das mich sammelt; die Begegnung, die mich bereichert.

Es gehört zu den großen Privilegien meines Berufs, mit den Angehörigen von Verstorbenen, deren Leben nachzuerzählen, nachzuzeichnen, sei es in groben Zügen, sei es in reichem Detail; immer jedoch um dieses eine Leben wahrzunehmen in seiner Eigenart und Kostbarkeit, seinem Wert und seiner Würde, die beide gleichermaßen unendlich sind und wenn es auch uns noch so unscheinbar erscheinen sollte.

Zu den definierenden Momenten eines Lebens, meines Lebens können auch Ereignisse der Geschichte und der Gesellschaft werden, Ereignisse, die nicht privat oder familiär sind, sondern von vielen, einer ganzen Generation in Glück und Unglück geteilt werden, kollektive Momente: Kriegsbeginn und Friedensschluss, Halte- und Wendepunkte der Geschichte; auch Sportereignisse oder solche in der populären Kultur. In solchen Momenten scheinen ungeahnte Möglichkeiten auf und wir sagen, könnten doch jedenfalls sagen: Wir waren wie in einem Traum.

„Ich habe kaum etwas gelesen, wochenlang gab es für mich keine Filme mehr, kein Theater. Unter publizistischen Gesichtspunkten war es die glücklichste Phase meines Lebens. Zum ersten und einzigen Mal hatte ich das Gefühl, dass die Wirklichkeit interessanter ist als alle Literatur und Kultur.“ Eine „enorme“, eine „verwunschene“ Zeit: „Der Zauber der Aktualität war so stark, dass nichts daneben bestehen konnte. Alle Fernsehkameras der Welt wurden benötigt, um Menschen zu filmen, die sich umarmten.“ „Die Wirklichkeit war viel poetischer als das Fiktive“

Auch wenn der Schriftsteller und Philosoph Peter Sloterdijk, der so in einem Interview seine Erinnerung an die Ereignisse des Mauerfalls von vor 35 Jahren beschreibt, von einer kurz darauf eintretenden Enttäuschung spricht, dass er schon an Weihnachten bemerkt habe: „Es ist vorbei“ und er nach beiden Seiten enttäuscht gewesen sei „von mir selbst und von der Geschichte“ – bleibt doch dieses Ereignis nicht nur in seinem sondern im gemeinsamen Gedächtnis als unerhörter, einzigartiger Überschuss an Möglichkeiten bestehen; als großer Glücksfall der jüngeren Geschichte, von dem wir sagen können, wie sind dabei gewesen.

Ein solches Ereignis beschreibt der Psalm, auf den wir heute hören.

Wir waren wie in einem Traum,
als der Herr unser Schicksal zum Guten wendete:
Da füllte Lachen unseren Mund,
und Jubel löste uns die Zunge.
Da sagte man unter den Völkern:
»Der Herr hat Großes an ihnen getan!«
Ja, der Herr hat Großes an uns getan!
Wir waren in einem Freudentaumel.

Und an solche enorme, verwunschene Zeiten, an solche Traumzeiten sollen wir uns – so der Psalm – erinnern, wenn wir in Schmerz und Leidenszeiten unsere Hoffnung denken. Erkenntnistheoretisch muss es zweifelhaft sein, vom Ausnahmezustand auszugehen, das Einzigartige für wiederholbar zu halten, das Enorme zur Norm zu machen und den Traum zu erwarten. Aber genau dazu will uns der Sänger des Psalms animieren. Es geht ihm also nicht darum, alltägliche Wirklichkeit abzubilden oder Wahrscheinlichkeiten zu berechnen, sondern auf Gottes Möglichkeiten zu verweisen. Die verhalten sich zu unserer Wirklichkeit wie der historische Ausnahmefall – wie die Rückkehr der Gefangenen nach Zion, wie der Fall der Mauer – zu unserem Alltag. Glauben und Hoffen in unserem Kummer heiß also: alles für möglich zu halten bei Gott.

Im Rückgriff auf den glücklichen Ausnahmefall formuliert der Sänger glückliche Ausgänge des Unglücks; sammelt sozusagen Evidenzen für Wendungen des Geschicks aus der Natur, aus dem Alltag seiner Hörer. Uns – mir jedenfalls – geht es schon manchmal so, dass mir das, was ich eigentlich weiß und zigmal erlebt habe, erst unwahrscheinlich war, ja unmöglich erschien, bevor es eintritt – und sei es die Wiederbelebung der Natur nach der Winterpause, oder Heilung nach schlimmem Schmerz. Solche guten Ausgänge, die wir immer schonmal erlebt haben und die wir sehr zurecht Gott zuschreiben, besingt der Sänger:

Herr, wende unser Schicksal zum Guten,
so wie du die Bäche in der Wüste füllst
nach langer Trockenzeit.
Wer unter Tränen mit der Saat beginnt,
wird unter Jubel die Ernte einbringen.
Noch geht er, geht weinend aufs Feld,
wenn er den Beutel zur Aussaat trägt.
Dann kommt er, kommt jubelnd zurück,
wenn er seine Garben nach Hause trägt.

Wie so oft legt die Bibel uns nahe, gegenwärtiges Leid von einem zukünftigen glücklichen Ausgang zu denken. Wir sollen, wie die Propheten das taten, unsere jetzige Lage im Licht unserer Erfahrungen glücklicher Ausgänge deuten: Regen nach der Dürre, Freude nach Tränen, haben wir schon erlebt – und sollen wir wieder erleben – wenn Gott will, warum sollte er nicht?

Manchmal trifft uns solcher Trost zu früh, er findet uns noch in der Lage der Untröstlichkeit, er klingt dann hohl und leer und wir hören ihn womöglich als bloße Vertröstung. Auch davon scheint unser Psalm zu wissen, wenn in seinen Bildern die Zeit vorausgesetzt wird, die Trost braucht. Saat und Ernte trennen Wochen, oft Monate; und selbst wenn unser Trost ein Jahr oder Jahre braucht – früher gab es das Trauerjahr, um uns die Zeit, die wir brauchen, einzuräumen – und selbst wenn unsere Trauer viel länger braucht: die Zeit des wirksamen Trostes soll nach Gottes Willen kommen.

Getröstet von der Aussicht auf Trost? Getröstet also von der bloßen Aussicht auf Trost, das könnte man für zu wenig halten. Was ist, spricht der Zauderer und Zweifler in mir, was ist, wenn uns noch am Ende, an jedem Ende, Trostlosigkeit gefangen hält und uns im Alptraum ungetrösteter Trauer fesselt? Wir wären wie in einem Alptraum, weil niemand unser Schicksal zum Guten wendete.

Dagegen steht außer unseren Erlösungserfahrungen, denen wir nur zu glauben haben, das Wort unseres Gottes wie in diesem Lied eines seiner Sänger. Aber das steht dagegen und darauf lasst uns hören: „Selig sind die Leidtragenden, denn sie sollen getröstet werden.“ Amen.

22. Sonntag nach Trinitatis, 27. Oktober 2024

Hört doch, was der Herr sagt: »Mach dich auf, führe einen Rechtsstreit mit den Bergen, auf dass die Hügel deine Stimme hören!«

Hört, ihr Berge, den Rechtsstreit des Herrn, ihr starken Grundfesten der Erde; denn der Herr will mit seinem Volk rechten und mit Israel ins Gericht gehen! »Was habe ich dir getan, mein Volk, und womit habe ich dich beschwert? Das sage mir! Habe ich dich doch aus Ägyptenland geführt und aus der Knechtschaft erlöst und vor dir her gesandt Mose, Aaron und Mirjam. Mein Volk, denke doch daran, was Balak, der König von Moab, vorhatte und was ihm Bileam, der Sohn Beors, antwortete; wie du hinüberzogst von Schittim bis nach Gilgal, damit du erkennst, wie der Herr dir alles Gute getan hat.«

»Womit soll ich mich dem Herrn nahen, mich beugen vor dem Gott in der Höhe? Soll ich mich ihm mit Brandopfern nahen, mit einjährigen Kälbern? Wird wohl der Herr Gefallen haben an viel tausend Widdern, an unzähligen Strömen von Öl? Soll ich meinen Erstgeborenen für meine Übertretung geben, meines Leibes Frucht für meine Sünde?«

Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott. (Buch des Propheten Micha 6,1-8)

Weil den Menschen aus der alttestamentlich-jüdischen Tradition das gesagt ist, was gut ist und was der Herr von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott, freuen sie sich an Wort und Gesetz Gottes und feiern das jährlich in einem frohen, fröhlichen, ausgelassenen Fest, dem Fest der Freude an der Tora, Simchat Tora. Es ist gut, dass dem Menschen von Gott gesagt ist, was gut ist. Und das muss gefeiert werden.

Vor etlichen Jahren bin ich mehr oder weniger durch Zufall in dieses Fest hineingeraten, in Jerusalem im Herbst und habe das miterleben können: Ausgelassenheit und Trunkenheit, Musik auf den Straßen, Singen und Tanzen, Torarollen in die Luft gehalten und Männer in religiöser Kleidung im Kinderreigen, reine und ansteckende Freude! Freude darüber, dass gesagt ist, von Gott gesagt ist, was gut ist.

Letztes Jahr an Simchat Tora war alles anders, als ausgerechnet an diesem Tag, genau an diesem Tag die schlimmsten Feinde der Juden – aber es gibt ja so viele Judenfeinde – das Land überfielen und seine Menschen massakrierten und die Festfreude in eine Totenklage verwandelten. Die ist bis heute nicht verklungen, sondern nur umso lauter und verstörender geworden über der sich aus dem Massaker der Hamas herausentwickelnden Gewalt und Gegengewalt, der Schläge und Gegenschläge, der Kriege und Gegenkriege, die uns – als hätten wir das nötig – gezeigt haben, was böse und abgrundtief böse ist.

Und so war dieses wunderbare Fest der Freude über das Gesetz Gottes in diesem Jahr beinahe zerrissen oder beinahe erdrückt zwischen seiner Idee und der Wirklichkeit, auf die sie traf; zwischen dem Bösen, das sich zeigt, und dem Guten, was uns gesagt ist. Als vergangenen Donnerstag Simchat Torah in Jerusalem und überall, wo jüdische Menschen leben, gefeiert wurde, geschah das ausweislich der Meldungen und Berichte nur gleichsam unter einem Schleier, einer Decke der Trauer, der Unsicherheit und des Zorns – vom Iron Dome darüber, ohne den Feier und Leben in Israel angesichts der fortdauernden Angriffe gar nicht möglich wären, zu schweigen .

Und dennoch haben sich offenkundig die wenigsten von der Feier dieses Festes abhalten lassen, haben dennoch und trotz allem im Getöse des Bösen die Stimme des Guten vernommen und gehört und sich sagen lassen, was gut ist und was der Herr von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.

Dem kommt zu Gute, dass unser schönes Prophetenwort ja selbst aus einer Streitsituation entsteht, in einen Streit hineingesprochen ist und diesen Streit erst beendet. Ein Streit, ein Rechtstreit wird geführt, es geht um Israel – wem sonst, ist man versucht zu fragen. Seine Lebensführung wird kritisiert. Niemand ist so israelkritisch wie die Propheten des alten Israel – da können selbst die modernen Antisemiten noch etwas lernen. Und der Streit sucht sich das größte mögliche Forum, die ganze Welt, die Grundfesten der Erde, alle sollen es mitbekommen und alle bekommen es mit. Gott selbst wird als Richter angerufen und sagt als Zeuge aus. Er rekapituliert seine Geschichte der Wohltaten am Volk Israel, Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei und Übereignung des neuen Landes, in dem Milch und Honig fließen. Das Land ist bekanntlich noch heute Gegenstand des Streits; und schon damals ist – grausig genug – von den eigenen Kindern als Opfer und Lösegeld die Rede. Mit ihnen zu bezahlen, ist Gottes Willen ausdrücklich nicht!

Sondern Gottes Willen an sein Volk und alle Menschen ist: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott. Wie so oft in einem Streit führt ein Wechsel der Perspektive weiter. Die aufeinander fixierten Konfliktparteien sollen ihren Blick heben, sollen prüfen – nicht was sie schon immer gemeint und gesagt haben – sondern, was ihr Leben trägt, wie Gott ihr Leben trägt. Aber weil einem in dem in Rede stehenden Konflikt sofort einfällt, dass hier nicht ein Zuwenig sondern ein Zuviel der Religion das eigentliche Problem sein könnte – scheint sich hier doch ein völlig irre laufender religiöser Eifer und Wahn Bahn zu brechen: Wird wohl der Herr Gefallen haben an viel tausend Widdern, an unzähligen Strömen von Öl? Soll ich meinen Erstgeborenen für meine Übertretung geben, meines Leibes Frucht für meine Sünde? – deswegen und dagegen spricht die prophetische Weisheit von der Demut vor Gott. Damit sei hier nicht Unterwerfung sondern Selbstprüfung gemeint, also eine ehrliche Antwort auf die ehrliche Frage, ob das Gott jetzt wirklich so gemeint hat, wie ich es meine. Religiöse Demut wäre dann die Haltung, die zwischen Gottes und meinem Willen zu unterscheiden vermag und sich im Zweifel für Gottes Willen entscheidet. Nicht mein sondern dein Wille geschehe!

So wenig wir im Nahostkonflikt nur Beobachter sind, bleiben wir als Leser der Propheten des Alten Testaments bloße unbeteiligte Mithörer. Das Hört doch, was der Herr sagt ist auch zu uns gesagt, wenn wir es hören und wenn wir es denn hören wollen. Herausreden gilt dann nicht. Auf Nichtwissen können wir nicht plädieren. Denn: Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.

Genau dieses berühmte doppelte Gebot der Liebe, der Liebe zu Gott und der Liebe zum Nächsten, empfiehlt uns Jesus aus seiner jüdischen Tradition der Toralehre als Zusammenfassung des Gesetzes, ja mehr noch, als Zusammenfassung des Glaubens und der Religion, und zwar ebenfalls in der offenen Haltung des Suchens und Empfangens, was der Prophet Micha hier Demut nennt. Wissen, dass ich nicht alles weiß. Schon gar nicht besserwissen, was andere vor uns wussten und doch Gott am besten weiß. Und gleichzeitig nicht so tun, als hätte ich davon nix gehört, was Gott uns gesagt hat, was uns gesagt ist.

Krippenspiel in der Thomaskirche

Wer hat Lust, im Weihnachtsgottesdienst am 24.12.24 mitzuspielen?

Für unser diesjähriges Krippenspiel im Gottesdienst um 16.00 Uhr suchen wir noch Mitwirkende zwischen 5 und 12 Jahren!

Die Proben für kleinere Sprechrollen sind am 16.12. um 17.00 Uhr sowie am 21.12. und am 23.12., jeweils von 10.00 bis 11.30 Uhr, in der Thomaskirche. Die wöchentlichen Proben für größere Rollen und Lieder beginnen am Montag, 28.10., zu den Kinderchorzeiten. Auch Erwachsene, die Ideen fürs Bühnenbild oder die szenische Umsetzung haben oder im Hintergrund helfen möchten, sind herzlich willkommen! Wer Lust hat mitzumachen, melde sich gerne mit Altersangabe bei Gabriela Blaudow an unter gabriela.blaudow@googlemail.com.

Führung im Museum Reinhard Ernst

Mittwoch, 27. November 2024, 19.00-20.30 Uhr

Ev. Thomasgemeinde und Kath. Kirchort St. Mauritius

Der „Zuckerwürfel“ an der Wilhelmstraße 1, Wiesbadens neues Museum, ist schon kurz nach der Eröffnung ein international bekanntes Reiseziel geworden. Sowohl die Kunstsammlung der Gegenwart („Farbe ist alles!“) als auch der Bau des Pritzker Preisträgers Fumihiko Maki überraschen und beeindrucken auch beim wiederholten Besuch. Höchste Zeit also, dass wir uns beides in einer eigenen Führung in Ruhe zeigen lassen. Wer mag, kommt im Anschluss noch mit auf ein Gläschen Wein. Treffpunkt: 18.45 Uhr am Eingang, Eintritt: 12 Euro.

Wir freuen uns über Ihre Anmeldung unter asmeine@gmx.de oder Tel. 0162 7474131.

https://www.museum-re.de/de/kunst/ausstellungen

17. Sonntag nach Trinitatis, 22. September 2024

Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus. Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Nachkommen und nach der Verheißung Erben. (Galater 3,26-29)

„Jeder Mensch ist anders und darin sind wir gleich; und jeder hat das gleiche Recht auf seinen eigenen Willen und seine eigene Meinung“ – Das dürfte einer der ganz wenigen Glaubenssätze sein, auf den sich Heranwachsende einigen können; ein Glaubenssatz, dem man etwa in der Schule tagtäglich begegnet, vorzugsweise beim Vortrag noch der merkwürdigsten Ansichten in beinahe allen Fächern diesseits der Mathematik – da wird es schwierig mit dem Anders- und Eigensein. Multiplikation und Kurvendiskussion bieten wenig Raum für Individualität. Aber vielleicht ist auch das bloß ein individueller Irrtum meinerseits als Meinung getarnt, wenn doch mit der höheren Mathematik die Individualität überhaupt erst anfängt. So jedenfalls die Meinung eines alten Studienfreundes, der es immerhin zum Matheprofessor gebracht hat.

Den Höhen – und Tiefen – menschlicher Individualität entgehen wir scheinbar nicht; noch im Gewimmel eines Schulfestes wie am vergangenen Freitag bei herrlichstem Sonnenschein und entsprechend gut besucht, zeigt sich die scheinbar unendliche Vielfalt unserer menschlichen Individualität, obwohl sie doch dort sogar schon vorsortiert ist in Alters- und Berufsgruppen, in Schüler, Eltern und Lehrer, nach Wohnort und Lebensmittelpunkt, nach Altersstufen und Klassen, nach Moden und Anhängerschaften. Jeder Mensch ist anders. Jeder Jeck ist anders. Und jeder ist ein Jeck in den Augen der anderen. Das ist ok.

Das ist so lange ok, wie wir uns gegenseitig das Recht einräumen, anders und eigen zu sein, sich selbst eigen und anders als andere. Auf dem Schulfest ging das ganz gut – man soll sogar Bayernfans gesehen haben, die mit Anhängern von Dortmund sprachen; aber im Schulalltag ist das Aushalten der anderen schon schwieriger, umso mehr außerhalb des geschützten Raums einer höheren Lehranstalt. Andere Meinungen können ganz schön nerven, vor allem, wenn sie anders als meine sind. Toleranz ist schön, macht aber viel Arbeit. Insbesondere wenn die andere Meinung als Angriff verstanden wird; noch mehr wenn die andere Meinung als Angriff – als Angriff auf mich – gemeint ist. Wie soll man Intoleranz tolerieren?

Der Apostel Paulus schreibt seine Zeilen, die ich als Aufruf zu Einheit und Einigkeit angesichts und trotz unserer Verschiedenheiten verstehe, in einem Brief voller Beschuldigungen und Verdächtigungen, in einem Brief der Abwehr von Angriffen und eigener Angriffe.

Im Grunde scheint er fertig zu sein mit denen in Galatien. Die haben sich seiner Meinung nach zu weit entfernt vom christlichen Glauben, sie vertreten Meinungen außerhalb des Spektrums, das Paulus tolerieren kann, weil sie ihn – den christlichen Glauben – fundamental verfehlen. Wie soll man mit denen reden, die doch selbst nur noch schreien, beschimpfen und beleidigen? Und dennoch dieser Brief.

Ich muss gestehen, dass ich in vergleichbaren, oder sogar weit weniger schlimmen Situationen den Kontakt abgebrochen und keinen Brief geschrieben habe. Keinen Sinn mehr im Fortgang einer Kommunikation, einer Beziehung gesehen habe, die nur noch im Austausch von Gemeinheiten und Feindseligkeiten bestand. Das Hin-und-her der Vorwürfe und Beleidigungen irgendwann abgebrochen habe. Das Unerträgliche nicht mehr ertragen wollte. Stolz bin ich darauf nicht – aber auch nicht stark genug, es zu ändern.

Trotz allen Streits schreibt Paulus einen Brief, vielleicht einen letzten an diese Gemeinden in Galatien, weitere Korrespondenz kennen wir nicht, aber aus dieser Leerstelle den Schluss zu ziehen, das mit ihm ein Ende der Kommunikation erreicht ist, wäre doch mehr als wir wissen können. Zumindest schlägt Paulus bei aller Deutlichkeit die Tür nicht zu. Und gerade an unserer Stelle entwirft er ein Modell versöhnter Verschiedenheit, des gegenseitigen Andersseins, das die christliche Gemeinschaft seiner Meinung nach auszeichnet.

Mit Recht heben die Interpreten darauf ab, dass Paulus von einer umfassenden, alle Trennungen überwindenden Gemeinschaft in Christus spricht. Wer die christliche Botschaft wirklich ernstnimmt, kann und darf nicht nach Herkunft, Geschlecht oder Stand diskriminieren: Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus. Mit dieser Aussage ist Paulus seiner Zeit – und man muss sagen: sich selbst – weit voraus, wenn hier die Gleichheit aller Christenmenschen behauptet wird. Und alle unsere kirchlichen Unternehmungen, die hier passen müssen, sind unserer und jeder Zeit hoffnungslos zurück.

Indem Paulus aber die Gleichheit in Christus ausdrücklich dieser Verschiedenen – der Juden und Griechen, der Sklaven und Freien, der Männer und Frauen – nennt, würdigt er gerade deren Verschiedenheiten und ihre Gegensätze. Er benennt hier keineswegs zufällig – als ginge es um Äpfel und Birnen, blau und rot, hell und dunkel – sondern die seiner Meinung nach unser Menschsein definierenden Unterschiede der Herkunft, des Stands und des Geschlechts; und lädt uns damit ein, hier weiterzudenken.

Die Summe der Gleichen entsteht aus ihrer Vielfalt. Insgesamt fehlt uns etwas, wenn uns die einzelnen, eigenen auch gegensätzlichen Perspektiven fehlen. Das gilt besonders für von Paulus genannten Gegensätze der Herkunft, des Standes und des Geschlechts.

Was Wirtschaftsorganisationen und Gesellschaften erst langsam gelernt haben und immer wieder lernen müssen, dass sie von solcher gegensätzlichen Vielfalt profitieren, hat die christliche Kirche seit jeher erlebt:

  • Die Bewahrung ihres jüdischen Ursprungs, der Strom der biblischen Erzählung, das religiöse Leben der Gebete, der Lieder, der Festzeiten, des Feiertags, die kostbare Kultur der Barmherzigkeit – es gibt wenig, was wir für christlich halten, was nicht schon jüdisch wäre
  • Der Kontakt mit anderen Kulturen und Denkweisen, der Griechen zuerst, auch der Römer, der Afrikaner, der Germanen, die durchaus mehr als Bier, Bratwurst und Sauerkraut zum christlichen Leben beigetragen haben (ohne das geringzuschätzen!)
  • Die unterschiedlichen Erfahrungen und Perspektiven der Geschlechter und ihrer Begegnung, die wir für ein Gleichnis Gottes halten dürfen: Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.
  • Die Gegensätze von Arm und Reich, Herr und Knecht; christliche Theologie ist notwendig immer Befreiungstheologie; aber sie lebt auch von der Lebensart der Wohlhabenden, die ihren Wohlstand nicht im Geiz behaupten, sondern als Großzügigkeit vermehren – zum eigenen Vorteil wie zum Wohl der anderen.

Paulus lädt uns in Gottes Namen ein, unsere Vielfalt zu entdecken, sie zu benennen und gegenseitig in Beziehung zu setzen. Jeder Mensch ist anders – und das ist gut so. Jeder Mensch ist gleich, auch das ist sehr gut so.

Gemeindefest der Ev. Thomasgemeinde

Sonntag, 6. Oktober 2024

Wir laden Sie und Euch herzlich ein! Unser Fest beginnt um 15.00 Uhr mit einem Erntedank-Familiengottesdienst mit Gemeindepädagoge Achim Hoock und Pfarrer Dr. Klaus Neumann und dem Kinderchor unter der Leitung von Gabriela Blaudow.

Nach dem Gottesdienst gibt es Kaffee und Kuchen auf dem Vorplatz und Live-Musik mit Gabriela Blaudow (Klavier) und Prisca Otto (Saxofon): sie spielen Songs der „Golden Sixties & Seventies“. Für die Kinder gibt es zahlreiche Spielangebote. 

Ab 17.00 Uhr startet das Grillen. 

Die Spenden dieses Gemeindefestes kommen der Arbeit unseres Kinderchores zugute.

Hubertusandacht an der Feldkapelle

Sonntag, 13. Oktober 2024, 17.00 Uhr, Feldkapelle im Tennelbachtal

Ev. Thomasgemeinde und Kath. Kirchort St. Mauritius

In diesem Jahr wird die ökumenische Hubertusandacht an der Feldkapelle wieder von Pfarrer Dr. Klaus Neumann und Pastoralreferent Stefan Herok gehalten. Die musikalische Gestaltung liegt in den Händen des Parforcehornkorps Jagdschloss Platte unter der Leitung von Karl-Heinz Kliegel.