Rückblick zur Gemeindefahrt nach Speyer am 23.9.23

Ev. Thomasgemeinde und Ev. Versöhnungsgemeinde

Auf nach Speyer! Die Gemeindefahrt unserer beiden Gemeinden mit Pfarrerin Petra Hartmann und Pfarrer Dr. Klaus Neumann fand großen Zuspruch und führte uns bei bestem Septemberwetter vom katholischen Dom mit der Krypta über das UNESCO-Welterbe Judenhof mit seiner fast tausendjährigen Mikwe zur protestantischen Dreifaltigkeitskirche. Auf der Rückfahrt kehrten wir noch zu einem gemütlichen Abendbrot in Schwabenheim ein.

(Fotos: K. Neumann, H. Fröhlich u. G. Westenburger)

Rückblick zum Gemeindefest am 1.10.23

(Fotos: A. Neumann, B. Sauer)

Am ersten Oktobersonntag fand unser Gemeindefest zu Erntedank mit vielen bekannten Gesichtern und zahlreichen Gästen, dem Kinderchor unter der Leitung von Gabriela Blaudow und „Jazz&more“ mit Steph Winzen, Saxophon, und Gabriela Blaudow am Flügel auf dem Kirchvorplatz statt. Beim Familiengottesdienst wurde außerdem unser Gärtner, Herr Hermann Stock, in den Ruhestand verabschiedet und ihm sehr herzlich für seinen langjährigen tatkräftigen Einsatz in der Thomasgemeinde gedankt.

16. Sonntag nach Trinitatis, 24. September 2023

Darum werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat. Geduld aber habt ihr nötig, auf dass ihr den Willen Gottes tut und das Verheißene empfangt. Denn „nur noch eine kleine Weile, so wird kommen, der da kommen soll, und wird nicht lange ausbleiben. Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben. Wenn er aber zurückweicht, hat meine Seele kein Gefallen an ihm“ (Habakuk 2,3-4). Wir aber sind nicht solche, die zurückweichen und verdammt werden, sondern solche, die glauben und die Seele erretten. (Brief an die Hebräer 10,35-39)

„Ruhig-Geduldig“ prangte es auf den leicht überdimensionierten Schildern einer Wiesbadener Fahrschule in den 70er und 80er Jahren, an die sich sicherlich noch manche Ureinwohner erinnern, besonders die, die wie ich, dort ihr Fahrdiplom erwarben. Die Geduld zahlte sich aus, zuerst für den geduldigen Inhaber Manfred Hardel, der lieber noch ein paar mehr Fahrstunden empfahl, wie auch für die zwar teuer aber bestens unterrichteten Fahrstudenten wie mich und doch auch nicht zuletzt für die verkehrsteilnehmende Allgemeinheit. Gerade in unserer schönen Heimatstadt dürfte Geduld die eine Kernkompetenz sein, die ob nun vor der Pförtnerampel oder im dicksten Innenstadtgewühl, nun zwar nicht weiter aber den Alltag bestehen hilft. „Ruhig-Geduldig“ – der Fahrlehrer nicht nur als philosophischer Freund der Weisheit sondern auch als Prophet – ein echter Habakuk.

Geduld ist keine unumstrittene Tugend. Wenn uns einer sagt: „Jetzt gedulden Sie sich, bitte!“ kann das ja auch unseren Unwillen hervorrufen und damit eine vielleicht schon vorhandene Ungeduld noch vergrößern, insbesondere wenn uns der Grund des Aufschubs nicht einleuchtet. Manchmal – das lehrt die Erfahrung – hilft ja gerade nicht Geduld, um zu seinem Recht zu kommen, sondern eher ein energisches Auftreten, klare Forderungen oder gleich selbst die Sache in die Hand zu nehmen. Was natürlich nicht überall möglich ist, da ich mich im Supermarkt nicht selbst abkassieren – zumindest noch nicht überall – und im Wartezimmer schlecht selbst behandeln kann. Aber es gibt sicherlich Fälle, in denen ich nicht geduldig die Lösung meiner Probleme anderen überlassen, sondern selbst angehen sollte. Solche Ungeduld könnte dann sogar für eine Tugend gehalten werden – zum „nützlichen Fehler“ werden – wie sie in schlauen Bewerbungsmanuals empfohlen wird: Wenn nach den eigenen Fehlern gefragt würde, dann sei es hilfreich, sich selbst der Ungeduld zu bezichtigen. Ob das der Einstellungskommission wirklich mehr sagt, als dass der Kandidat die einschlägigen Ratgeber zur Kenntnis genommen hat, sei dahingestellt.

In jedem Fall empfiehlt es sich, genau zu prüfen, zu unterscheiden und zu entscheiden, ob es sich um einen Fall für die Geduld oder für die Ungeduld handelt; ein bisschen so wie in dem Gebet, dass uns immer wieder mal in den Sinn kommt, wenn es um solche Fragen der Geduld, oder des Gehorsams oder der Gelassenheit handeln könnte:

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Geduld ist also dann gefragt, wenn mein Handeln ohnehin nichts ändert, während sie dann, wenn meine Intervention die Sache voranbringen oder sogar Schaden abwenden könnte, die falsche Wahl wäre. Geduld schließt überdies die Erwartung ein, dass sie sich lohnt: Es besteht die berechtigte Erwartung, dass sich das gewünschte Ergebnis einstellt, und zwar ohne dass ich dazu entscheidend beitragen könnte. Warten in Erwartung: das ist Geduld.

Der heutige Predigttext, ein Abschnitt aus dem Brief an die Hebräer, empfiehlt die Geduld als unverzichtbares Merkmal des Glaubens und beschreibt den Glauben als Warten in der Erwartung des Gottessohnes. Das leuchtet sofort ein. Was könnten wir dazu beitragen, den Himmel zu öffnen und Gott auf die Erde zu ziehen? Absurd! Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht. Was der berühmte Remo Largo ungeduldigen Eltern und Lehrern als pädagogische Wahrheit sagt, stimmt auch theologisch. Nicht wir entscheiden oder beeinflussen auch nur, wann sich Gott zeigt und wann er sein Reich errichtet. Und alle Versuche das menschlicherseits in die Hand zu nehmen oder auch nur zu beschleunigen, müssen fehlschlagen und sind eben auch fehlgeschlagen, meist ziemlich grauslich und blutig. Glauben heißt Geduld, heißt Warten in Erwartung.

Vielleicht ist damit aber noch nicht alles gesagt. Denn auch wenn unser Predigttext des Autors an die Hebräer besonderes Gewicht auf die Bewährung des Glaubens in der Geduld und im Aushalten von Verfolgung und Not legt, so dass er im unmittelbaren Anschluss unserer Stelle den Glauben in einer klassischen Formulierung insgesamt als „eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht“, bezeichnet, in einer Art Grunddogma des Glaubens als Wirklichkeitsverweigerung; wendet der Prophet Habakuk, den der Hebräer hier zitiert und auslegen will, den Blick unmittelbar auf die Wirklichkeit seiner Welt, die sich wenig von der ungerechten Wirklichkeit unserer heutigen Welt unterscheidet: „Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben. So wird auch der treulose Tyrann keinen Erfolg haben, der stolze Mann nicht bleiben, der seinen Rachen aufsperrt wie das Reich des Todes und ist wie der Tod, der nicht zu sättigen ist. … Weh dem, der sein Gut mehrt mit fremden Gut – wie lange wird’s wären?“ (Habakuk 2,4-6*)

Der Glauben ist wartender und zugleich wachender Glaube; er „sagt, was ist“, und hält das zwar noch nicht für die „revolutionäre Tat“ (Rosa Luxemburg) aber für seine selbstverständliche Aufgabe: also den Fürsten ihre Macht, ihre Taten und Untaten zu spiegeln; ihnen zu sagen, was ist; die von den Mächtigen geschaffene Wirklichkeit abzugleichen mit den Maßstäben der Gerechtigkeit. Warten heißt nicht Stillhalten, Geduld nicht Resignation; sondern heißt die gegenwärtigen Nöte und Bedrängnisse mit der Erwartung einer von Gott bestimmten Zukunft zu konfrontieren – für sich im Herzen und laut für die anderen. Dem „es war schon immer so“ ein „es wird anders werden“ entgegenzusetzen – und dabei doch nicht den eigenen Willen mit dem Willen Gottes zu verwechseln.

Glauben trägt die Geduld, die weiß, dass ihre Stunde kommen wird. Amen.

Hubertusandacht an der Feldkapelle

Sonntag, 15. Oktober 2023, 17.00 Uhr

(Foto von 2022: R. Jeep)

Seit mehr als zehn Jahren laden die ev. Thomasgemeinde und der kath. Kirchort St. Mauritius zur ökumenischen Hubertusandacht an der Feldkapelle im Tennelbachtal ein. Die Andacht wird von Pfarrer Dr. Klaus Neumann und Pfarrer Matthias Ohlig gehalten. Die musikalische Begleitung liegt wie gewohnt in den Händen des Parforcehorncorps Jagdschloss Platte unter der Leitung von Karl-Heinz Kliegel.

Gemeindefest zum Erntedank am Sonntag, 1.10.2023, ab 15 Uhr

Alle sind herzlich eingeladen!

Ev. Thomasgemeinde, Richard-Wagner-Str. 88, 65193 Wiesbaden

Foto: privat

15.00 Uhr Familiengottesdienst mit Klaus Neumann und Achim Hoock und dem Kinderchor. Musik: Gabriela Blaudow

im Anschluss: Kaffee und Kuchen und Spielangebote auf dem Kirchvorplatz


16.00 Uhr: Konzert mit Gabriela Blaudow (Klavier) und Steph Winzen (Saxophon)

im Anschluss Grillen

Einladung zur Sommerkirche

Ev. Thomasgemeinde, Ev. Versöhnungsgemeinde, Ev. Thalkirche Sonnenberg und Ev. Kirche Rambach

Für die Gottesdienste der Sommerkirche planen wir einen Fahrdienst ab der Thomaskirche eine halbe Stunde vor Beginn (also z.B. am 30.7. um 9.30 und 16.30 Uhr). Bei Interesse wenden Sie sich bitte bis zum jeweiligen Mittwoch vor dem Gottesdienst an das Gemeindebüro: Tel. 0611 2046331.

Tauffest im Kurpark

Am Sonntag, 16. Juli 2023, feierten 28 Täuflinge aus den Gemeinden des Dekanats Wiesbaden ihr erstes Tauffest – unter freiem Himmel bei schönstem Wetter im Wiesbadener Kurpark. Mit dabei waren auch Pfarrer Dr. Klaus Neumann und Dekanin Arami Neumann. Getauft wurde in acht Stationen rund um den Teich im Park. Das fröhliche Fest lockte auch viele interessierte Besucherinnen und Besucher an.

3. Sonntag nach Trinitatis, 25. Juni 2023

Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie umkehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat´s nicht.
Das aber verdross Jona sehr, und er ward zornig und betete zum Herrn und sprach: Ach, Herr, das ist’s ja, was ich dachte, als ich noch in meinem Lande war. Deshalb wollte ich ja nach Tarsis fliehen; denn ich wusste, dass du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und lässt dich des Übels gereuen. So nimm nun, Herr, meine Seele von mir; denn ich möchte lieber tot sein als leben. Aber der Herr sprach: Meinst du, dass du mit Recht zürnst? Und Jona ging zur Stadt hinaus und ließ sich östlich der Stadt nieder und machte sich dort eine Hütte; darunter setzte er sich in den Schatten, bis er sähe, was der Stadt widerfahren würde. Gott der Herr aber ließ einen Rizinus wachsen; der wuchs über Jona, dass er Schatten gab seinem Haupt und ihn errettete von seinem Übel. Und Jona freute sich sehr über den Rizinus. Aber am Morgen, als die Morgenröte anbrach, ließ Gott einen Wurm kommen; der stach den Rizinus, dass er verdorrte. Als aber die Sonne aufgegangen war, ließ Gott einen heißen Ostwind kommen, und die Sonne stach Jona auf den Kopf, dass er matt wurde. Da wünschte er sich den Tod und sprach: Ich möchte lieber tot sein als leben. Da sprach Gott zu Jona: Meinst du, dass du mit Recht zürnst um des Rizinus willen? Und er sprach: Mit Recht zürne ich bis an den Tod. Und der Herr sprach: Dich jammert der Rizinus, um den du dich nicht gemüht hast, hast ihn auch nicht aufgezogen, der in einer Nacht ward und in einer Nacht verdarb, und mich sollte nicht jammern Ninive, eine so große Stadt, in der mehr als hundertzwanzigtausend Menschen sind, die nicht wissen, was rechts oder links ist, dazu auch viele Tiere? (Buch des Propheten Jona 3,10; 4,1-11)

Am 14. Juni 2014 erschüttert eine gewaltige Detonation durch Truppen des islamischen Staats (IS) die menschenleere Stadt Mosul, in deren Mitte die Ruinen der riesigen assyrischen Hauptstadt Ninive liegen und legt das Wahrzeichen der Stadt, die altehrwürdige Nebi-Yunus-Moschee mit dem Grab des auch im Islam hochverehrten Propheten Jona – also des Nebi Yunus – in Schutt und Asche. Nicht zum ersten Mal wird Ninive zerstört: Im Jahr 612 v. Christus, also vor gut 2600 Jahren, ging das assyrische Großreich im Sturm von Medern und Babyloniern unter und mit ihm die Hauptstadt Ninive, die belagert, eingenommen und gründlich niedergebrannt wurde – und trotz aller Zerstörung reiche Kunst- und Kulturschätze unter den Trümmern hinterließ. Auch um deren endgültige Zerstörung als Götzenbilder ging es bei dem Angriff auf Mosul vor 9 Jahren durch die islamistische Terrormiliz.

Es berührt merkwürdig, wie sich die Geschehnisse wiederholen und wie die Weltläufe heute und damals sich berühren – und obendrein wie realistisch und aktuell das humoristisch-prophetische Märchenbuch über den Propheten Jona immer noch ist. Wir erinnern uns an den Walreisenden wider Willen, den widerwilligen Propheten, der erst trotzt, weil er den Untergang Ninives verkünden soll, und dann schmollt, weil der Untergang ausbleibt. Genau an dieser Stelle der Geschichte befinden wir uns mit unserem Predigttext: Als aber Gott das Tun der Niniviten sah, wie sie umkehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat´s nicht. Das aber verdross Jona sehr.

Verdruss über die Gnade Gottes: wenn es so nicht immer noch in den Handbüchern gewaltbereiter religiöser Fanatiker stünde, wäre das beinahe komisch. Das zentrale Gottesbekenntnis von Juden, Christen, Muslimen und sicherlich vielen Religionen, das Bekenntnis zum gnädigen Gott, zum barmherzigen Gott, zum Allerbarmer spricht Jona als Karikatur eines Vorwurfs: ich wusste, dass du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und lässt dich des Übels gereuen. In vollendeter prophetisch-dramatischer Ironie mault der Diener Gottes darüber, dass Gott, sein Herr, gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte ist, wie es die Psalmbeter in ihrem Gotteslob oft und oft besingen. Jona beklagt sich darüber, dass Gott ist, wie er ist; klagt, dass dieser mit seiner Gnade im Unrecht sei; fordert vielmehr Gerechtigkeit als Strafe und Rache.

Immerhin nimmt er nicht selbst das Schwert Gottes in die Hand, wie so viele andere religiöse Fanatiker und Gewalttäter; zieht in keinen heiligen Krieg gegen Ungläubige und Ungerechte; legt keine Weltreiche und Metropolen in Schutt und Asche – sondern er verzieht sich nur in seine Schmollecke, widmet sich seinem Ärger über Gott und die Welt, pflegt seine Verbitterung: So nimm nun, Herr, meine Seele von mir; denn ich möchte lieber tot sein als leben. Und Jona ging zur Stadt hinaus und ließ sich östlich der Stadt nieder und machte sich dort eine Hütte; darunter setzte er sich in den Schatten, bis er sähe, was der Stadt widerfahren würde. Wir kennen das von uns selbst und von anderen: Als gekränkte und beleidigte Leberwurst verziehen wir uns in unsere Schmollecke; eigentlich dämmert uns schon, dass wir uns verrannt haben; aber die Kraft der Einsicht, selbst da wieder herauszukommen, reicht noch nicht.

Auch Gott hätte allen Grund, ihn dort nun ein bisschen schmoren zu lassen, er sagt ihm auf den Kopf zu, sich nicht so zu haben: Aber der Herr sprach: Meinst du, dass du mit Recht zürnst? Und erbarmt sich dann eben doch wieder, nun halt über Jona; Gott scheint nicht anders zu können als gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte zu sein. Und dazu unternimmt Gott einiges, auch unwahrscheinliches.

Wie schon zuvor in der Jonageschichte engagiert Gott die Natur auf wunderbare Weise, um ihren Gang zu lenken und Jona auf die Spur zu bringen. Nach dem Walfisch kommt eine Rizinuspflanze zum Einsatz, und dann Wurm und Sturm. Die ganze Schöpfung wird in Dienst genommen für unser theologisches Märchen, das sich hier einen pädagogischen Schabernack erlaubt. Auch wenn die Rizinuspflanze schnell und hoch wächst, bis zu drei Metern Höhe in diesen Breiten sagen die Pflanzenkundler, aber dann doch nur im Märchen so schnell und so hoch, dass sie in nur einem Tag einem ausgewachsenen Propheten zum Unterschlupf vor der Sonnen dienen kann. Und sie wächst auch nur um gleich wieder zu welken, angefressen von einem Wurm; angefressen wie Jona angefressen ist vom Wurm der Selbstgerechtigkeit und Selbstbezogenheit; angefressen wie Jona, der sich wegen einer theologischen Rechthaberei eine große Stadt in Schutt und Asche wünscht, aber dann eben doch große Freude über den schnellgewachsenen Sonnenschutz erlebt – nur um diesen gleich wieder zu verlieren durch Schädlinge und Stürme, ganz wie heute im richtigen Leben.

Ob Jona die Moral seiner Geschichte verstanden hat? Eher nicht, zumindest bricht die Geschichte mit der Belehrung Gottes ab, von einer Einsicht Jonas wird nicht berichtet. Dich jammert der Rizinus, um den du dich nicht gemüht hast, hast ihn auch nicht aufgezogen, der in einer Nacht ward und in einer Nacht verdarb, und mich sollte nicht jammern Ninive, eine so große Stadt, in der mehr als hundertzwanzigtausend Menschen sind, die nicht wissen, was rechts oder links ist, dazu auch viele Tiere? Wichtiger ist, dass wir sie hören und verstehen. Nicht um theologische Richtigkeiten geht es dem unbekannten Autor des Jonabuches – denn selbst die Wirklichkeit hat er mit seinem humoristischen Prophetenmärchen längst hinter sich gelassen – sondern es geht ihm um Einsicht in den unbedingten Vorrang von Gottes Gnade und unserem menschlichen Mitleid. Also nicht Selbstmitleid, davon hat Jona mehr als genug – sondern um die Einsicht in das Leid der anderen, mit der Gott uns und die Welt verändern möchte. Dafür lässt er den Jona weite Wege gehen und uns dabei zusehen.

Nachdem im Irak und in Mosul der IS vertrieben und zumindest annäherungsweise staatliche Ordnung wieder hergestellt ist, bemühen sich auch deutsche Archäologen um die Sicherung der Hinterlassenschaft auch des antiken Ninive, und auch des Palastes, in dem Jona unserer Geschichte nach den assyrischen Herrscher zur Umkehr gerufen haben soll. Eine Erinnerungsstätte an diesem Ort des bei Juden, Christen und Muslimen gleichermaßen erinnerten Propheten wäre nicht das schlechteste Zeichen gegen religiöse Gewalt und für die Resilienz der Religion, die noch auf unwahrscheinlichste Weise – trotzige, ungläubige Propheten – und auf unwahrscheinlichsten Wegen – wer schwimmt schon durch das Meer im Bauch eines Wals? – das Wort von der Gnade Gottes verbreitet: Denn ich wusste, dass du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und lässt dich des Übels gereuen. Amen.